Auf dem Weg - In Wort und Bild

09 Griechenland

Jacqueline, Strafe oder Belohnung?
Jacqueline, Strafe oder Belohnung?

Jacqueline?                                  23.05.2010

 

Bin kurz vor dem Grenzübertritt zur Türkei. Noch ein oder zwei Tage. Will bei Didimotiho rüber in die Türkei fahren. Sieht nach einem kleinen Grenzposten aus. Kleiner Haken ist nur, dieser Grenzposten ist auf der Türkeikarte eingezeichnet aber nicht auf der Griechenlandkarte. Hat aber auch schon in der Vergangenheit nicht viel zu sagen gehabt.

Fahre Richtung Alexantroupoli. Komme gegen Mittag an, gerade noch rechtzeitig um mich vor einem Wolkenbruch in Sicherheit zu bringen. Überlege, ob ich weiterfahren soll oder mich auf dem örtlichen Campingplatz einrichten soll? Entscheide mich für das Weiterfahren. Habe ja noch den halben Tag vor mir. Also auf nach Didimtiho und am Morgen in aller Frühe über die Grenze in die Türkei.

Kurz nach Alexandroupoli fängt es wieder an zu regnen, geht langsam in Hagel über. Nach der grauen Wolke über mir zu urteilen müsste das Unwetter kurze Zeit später aber zu Ende sein. Naja, man wird ja bekanntlich nur einmal nass. Erging mir öfters so auf der Reise bis hierhin. Meist hört der Regen auf, wenn man durchnässt ist. So auch dieses Mal.

Wundere mich etwas über die vielen Motorradfahrer, die mich auf der ganzen Strecke überholen. Hab noch nie so viele auf einmal auf der Straße gesehen seit meiner Abfahrt. Alle mit Koffern und Taschen bepackt. Wie es ausschaut fahren auch alle in die gleiche Richtung.

In Didimotiho angekommen versuche ich in einem Hotel unterzukommen, auch um meinen Klamotten wieder etwas Feuchtigkeit zu entziehen, und frage mich so durch. Das erste Hotel liegt über meinem Budget, werde aber freundlicherweise an ein anderes Hotel verwiesen. Da angekommen erfolgt ein herzlicher Empfang der Besitzerin. Als sie feststellt, dass ich aus Deutschland komme, erfolgt erstmal eine Einladung zum Nescafé frappé (kalter Nescafé aufgeschäumt, Erfrischungsgetränk der Griechen). Triana, so der Name der Hotelbesitzerin, erklärt mir, dass sie in Deutschland in der Nähe von Frankfurt aufgewachsen ist und seit ihrem 17. Lebensjahr (24 Jahre) wieder zurück in Griechenland ist. Leider erklärt sie mir auch, dass ich wohl mit meiner Zimmersuche Pech haben werde. Da gerade ein Motorradtreffen 18 km weiter nördlich in Orestiada stattfindet, sind alle Hotels mehr oder weniger (bis auf die etwas teureren) für die nächsten Tage ausgebucht. Es sollen sich um die 6 000 Motorräder angemeldet haben. Das sei eines der größten Motorradtreffen in Griechenland. Erklärt jetzt auch die vielen Motorradfahrer auf der Strecke. Auch ihr Hotel ist über die Tage für eine Hochzeit ausgebucht. Triana telefoniert mit anderen Hotels in der Gegend, aber nichts zu machen, alles ausgebucht.

Sie wüsste auch nicht, dass der Grenzübergang von Didimotiho (Griechenland) nach Eskiköy (Türkei) offen sei. Da wäre ein Fluss der nur illegal mit dem Boot zu passieren wäre. Sie kenne nur die Grenzübergänge weiter nördlich nach Edirne (Türkei) und weiter südlich nach Ipsala (Türkei). Da steh ich nun. Nasse Klamotten. Kein Grenzübergang. Motorradtreffen 18 km weiter nördlich und fünf Uhr nachmittags auf der Uhr. Was machen? Mein Zelt bei dem Motorradtreffen aufstellen? Meine Entscheidung wird mir etwas abgenommen, als ich wieder zu meinem Motorrad gehe. Unter dem Motorrad hat sich eine kleine bläuliche Lache gebildet. Nach etwas genauerem Hinsehen kommt es wohl vom Kühler. Der Ausgleichsbehälter ist noch im grünen Bereich. Muss wohl erst vor kurzem entstanden sein, das Leck. Ursachenforschung und Reparatur auf dem Motorradtreffen?

Ich entscheide mich, die 100 km nach Alexandroupoli zurück zu fahren. Dabei den Kühler und Ausgleichsbehälter im Auge zu behalten. In Alexandropouli mich in einem billigen Hotel einschreiben und mich dann um das Leck, woher auch immer, zu kümmern.

Verabschiede mich von Triana und mache mich auf den Weg zurück nach Alexandroupoli - nicht ohne ein wachsames Auge auf den Kühler und Ausgleichbehälter zu werfen. Dort angekommen, finde ich ein mir entsprechendes Hotel mit der Erlaubnis vor dem Hotel schrauben zu dürfen.

Am nächsten Morgen geht es dann los. Ursachenforschung. Ist mir nicht 100%ig ersichtlich, wo das Leck sich befindet. Sieht so aus, als ob es sich am Übergang vom Kühler zum Kühlerschlauch befindet. Also, zur genauen Lokalisierung erst mal den Zusatztank abbauen. Motorrad laufen lassen. Und siehe da, der Kühlerschlauch sitzt etwas schief auf dem Kühleranschlussstück. Klemmschelle abnehmen. Schlauch nachschieben. Klemmschelle wieder anbringen. Wasser nachfüllen. Motorrad wieder laufen lassen. Scheint dicht zu sein. Alles wieder zusammenbauen. Nochmals Motorrad laufen lassen. Dicht. Während ich versuche das Leck ausfindig zu machen und dicht zu bekommen, kommt ein Teenager über die Straße gelaufen. Wie es aussieht gehört er zum gegenüberliegenden Gebrauchtwarenladen. Er ist etwas neugierig und fragt mich, ob ein Problem aufgetaucht ist an dem Motorrad. Erkläre ihm den Sachverhalt. Danach interessiert er sich für das Motorrad und fragt nach PS, ccm und wie schnell es denn fährt. Kläre ihn auf, dass mein Motorrad 52 PS, 650 ccm hat und 160 km/h schnell ist. Er schaut mich kurz an und sagt dann: „Ich habe auch ein Motorrad das hat 80 ccm und fährt 170 km/h“. Dreht sich dabei um und geht zurück in den Laden. Wie war das mit den Motorrädern auf dem Weg hierher; leichter, schneller, lauter? Griechenland bildet hier keine Ausnahme.

Erleichtert mache ich mich am nächsten Tag auf in die Türkei. Dabei tropft es wieder, wie es ausschaut, aus der gleichen Stelle wie tags zuvor. Also, Zusatztank ab. Klemmschelle nicht dicht. OK, mein Fehler. Ersetze die Klemmschelle durch eine Schraubschelle aus meinem Ersatzteile- Sortiment und seitdem scheint das Problem behoben.

Auf meiner Weiterreise geht mir, bezüglich des Lecks, der eine oder andere Gedanke durch den Kopf. Dabei kommt mir auch die eine Szene aus dem deutschen Film „Der Schuh des Manitu“ in den Sinn. Als Winnitouch mit seinem Pferd Jacqueline am Wegesrand steht und Jacqueline in die Binsen kotzt. Winnitouch sich darüber aufregt, dass sein Pferd unnötigerweise zur Eile angetrieben wurde. Ja, so was kommt mir in den Sinn wenn ich meinen Gedanken freien Lauf lasse auf dem Motorrad.

Habe ich vielleicht mein treues Gefährt unnötig zur Eile angetrieben? War das der Grund, warum es Kühlwasser gespuckt hat? Seitdem frage ich mich immer wieder selber, ob ich mein Motorrad Jacqueline nennen soll. Bin da noch am überlegen.