Auf dem Weg - In Wort und Bild

10 Türkei

Tatvan – Polizei dein Freund und Helfer   07.08.2010

 

Bin seit vier Tagen zurück in der Türkei. Habe die zwei Nemrud Dagi (eines ein erloschener Vulkan- der andere ein Götterberg) besucht. Bin, nachdem der zweite Abschuss meines Mopeds von der Strasse überstanden ist, wieder auf dem Weg nach Ankara.

Wie schnell so eine Reise zu Ende gehen könnte, habe ich in Tatvan, der Stadt am Fuße des Nemrud Gölu (erloschener Vulkanberg), durch einen unachtsamen Autofahrer erfahren dürfen. Aber erst mal der Reihe nach.

Nach meiner problemlosen Ausreise aus dem Iran habe ich mich für eine Nacht wieder auf dem Murat Campingplatz – unterhalb des Ishak Pascha Palastes –niedergelassen. Am Nachmittag ist Remo, ein Schweizer, mit seinem Schweizer Militärfahrrad von 1987 (eines der letzten) am Murat Camping eingetroffen. Remo ist in vier Monaten von der Schweiz bis an den östlichen Zipfel der Türkei geradelt. Dabei muss man bedenken, dass sein Schweizer Militärfahrrad, anders als ein Schweizer Messer, nicht den aktuellen Standards des Fahrradbaus entspricht. Sein Rad hat nur einen Gang, Naben- und Reifenbremse – dafür ist der Rahmen fast schon unzerstörbar. Remo ist auf dem Weg durch den nördlichen Teil Irans nach Turkmenistan. Da ich gerade erst aus dem Iran ausgereist bin und Remo einiges abfragt, wird es ein langer Abend mit Gesprächsthema Iran, bei dem das eine oder andere Bier beiläufig gesüffelt wird. Von Remo, weil er denkt, er kommt im Iran so schnell nicht mehr an ein Bier mit Alkohol – von mir aus Gefälligkeit Remo gegenüber. Haben am nächsten Morgen noch zusammen gefrühstückt, bevor ich mich dann gegen Mittag aufmache Richtung Nemrud Dagi (erloschener Vulkanberg), etwa 20 km vom westlichen Ufer des Van Sees entfernt. Die Straße steigt erstmal auf 2200 m an und führt durch landwirtschaftlich bewirtschaftete Felder und Hügel. Wobei die Bewirtschaftung der Felder noch durch viel Handarbeit erfolgt. Sehe Bauern, die ihre Felder mit der Sense in Teamarbeit abmähen. Das gemähte Getreide wird meist mit der Heugabel althergebracht von Hand verladen. Viele Leute reiten noch auf Eseln, um auf den Markt zu gehen oder einfach das Nachbardorf zu besuchen.

Die Kontrollpunkte durch Militär und Polizei an den Straßen werden deutlich mehr, wobei ich als Motorradfahrer und Tourist meist durch gewunken werde. Die Temperaturen sind merklich gestiegen und ich fahre meist mit allem offen was an der Motorradkleidung zu öffnen ist. Den Van See fahre ich am nördlichen Ufer entlang. Auf der Karte schien diese Straße etwas kleiner zu sein. Der Kontrast ist schon bemerkenswert, das tiefe Blau des Wassers im Gegensatz zu dem sandigen Braun des Ufers. Habe mir vorgenommen, heute Abend auf dem Nemrud Dagi in dem Vulkankegel zu übernachten. Ist problemlos und ohne Gefahr möglich. Vorausgesetzt man verpflegt sich selbst und stellt sein Zelt an einem der Seen im Krater auf. Fahre deshalb noch kurz in Tatvan, der Stadt etwa 25 km südlich des Nemrud Dagi vorbei, um meine Vorräte aufzufrischen. Bin gerade wieder auf der Hauptstraße stadtauswärts unterwegs, als ich rechts am Straßenrand einen PKW stehen sehe. Kein Bremslicht oder Blinker zu sehen und sieht auch nicht so aus, als ob der PKW im Moment irgendwo hinwollte. Fahre in einem größeren Bogen an dem PKW vorbei und als ich mich mit meinem Moped auf der Höhe des PKW befinde, zieht dieser ohne Vorwarnung oder Blinker nach links um abzubiegen. Kann noch ein wenig bremsen und nach links einschlagen, bevor die rechte Breitseite meines Mopeds in seine linke Fahrzeugseite einschlägt. Moped liegt mit der linken Seite auf dem Asphalt, ich etwas ratlos daneben. Rappele mich gerade wieder auf, als mir schon eine Flasche Wasser gereicht wird. Sehe dabei in das Gesicht eines Polizisten, denke noch, wo kommt der denn so schnell her. Als ich mir schließlich einen Überblick über die Situation verschafft habe, sehe ich zwei Polizeifahrzeuge auf der Straße stehen. Mir wird klar, dass die zwei Polizeifahrzeuge direkt hinter mir gewesen sein müssen und sie den Unfallhergang durch diesen Umstand aus der ersten Reihe mitverfolgen konnten. Erstmal Motorrad von dem Asphalt hochheben. Einer der Polizisten spricht etwas Englisch und fragt mich, ob mir irgendwas schmerzt und ich in ein Krankenhaus eingeliefert werden möchte. Mache ein paar Schritte, trinke erstmal ein Schluck Wasser, stelle fest, dass noch alles beweglich ist und auch nichts übermäßig weh tut. Auch mein Motorradanzug hat augenscheinlich keine sichtbaren Kratzer abbekommen. Gebe zu verstehen, dass an mir noch alles dran ist und ich auf eine Einlieferung in ein Krankenhaus verzichte. Nach mehrmaligem Nachfragen seinerseits und Bestätigen meinerseits verlagert sich das Interesse dann zu dem Autofahrer. Ich schiebe derweil mein Moped von der Straße und versuche den Schaden zu überblicken. Das Übliche, Kratzer am Tank, Beule am Alukoffer, Kratzer am Handschutz, Bremshebel abgebrochen. Sonst keine augenscheinlichen Beschädigungen an meinem Moped. Tank scheint auch dicht zu halten. Beide Spiegel wie durch ein Wunder noch intakt. Der Schaden am PKW scheint da schon größer – linker Kotflügel und Tür sind ganz schön eingedellt. Spiegel abgerissen. Die Flasche Wasser habe ich inzwischen ausgetrunken und mir wird von den Polizisten eine Zweite angeboten, was ich gerne annehme. Werde nach dem Unfallhergang befragt und wie groß der Schaden an meinem Moped denn wäre. Erkläre, dass bis auf ein paar Kratzer, Beulen und einem abgerissenen Bremshebel augenscheinlich alles in Ordnung zu sein scheint. Werde von den Polizisten nach meinen Papieren, Versicherung für mein Moped und Führerschein gefragt und ob ich ein Protokoll aufnehmen möchte. Frage erstmal nach, wer sich denn für den Unfall zu verantworten hat. Die Polizisten geben mir zu verstehen, dass sie direkt hinter mir auf der Straße gefahren sind als sich der Unfall ereignete und ich nicht für den Unfall verantwortlich sei. Sie wollten mir nur helfen damit alles seinen korrekten Gang geht. Nachdem sie meinen Führerschein und die Fahrzeugpapiere überprüft haben, wenden sie sich wieder an mich mit der Frage nach dem Protokoll. Dieses wäre für meine Versicherung in Deutschland – falls es notwendig wäre. Verneine dies. Nun gilt es, die Höhe des abgerissenen Bremshebels zu beziffern, damit dies beim Unfallverursacher eingefordert werden könne. Die Kratzer und Beulen an meinem Moped sind in der Türkei schwer zu vermitteln und entgeltlich einzufordern, geben mir die Polizisten zu verstehen. Erkläre, dass so ein Bremshebel in Deutschland bei einem BMW-Motorrad in etwa 42,- Euro kosten würde. Der Unfallverursacher hält dagegen, dass so ein Bremshebel in der Türkei nicht mehr als 5,- Euro kosten würde. Überlasse den Polizisten die Verhandlungen und teste mein Moped derweil auf Geradeauslauf und Unstimmigkeiten im Fahrwerk, die durch den Unfall entstanden sein könnten. Scheint alles noch so zu funktionieren wie vor dem Unfall. Die Polizisten erklären mir nach meiner Probefahrt schließlich, dass wohl nicht mehr als 20,- Euro zu veranschlagen wären. Ich gebe mich nach einiger Zeit damit einverstanden – froh darüber, meine Reise unbeschadet fortführen zu können. Trennen uns mit einem Handschlag, der Polizist (mit den Englischkenntnissen) gibt mir noch seine Telefonnummer – soll mich bei ihm melden, falls sich mein Zustand oder der des Mopeds in den nächsten Tagen verschlechtern sollte. Was wäre, wenn ich frontal auf das Auto aufgefahren wäre - abhaken, keinen Gedanken mehr daran verschwenden. Glück annehmen und weiterfahren. Wie heißt es so schön – wenn man vom Pferd fällt, gleich wieder aufsteigen und weiter geht’s.

Abends schlage ich mein Zelt im Krater des Nemrud Dagi neben einem der Seen auf. Die Seen haben weder Zu- noch Abfluss und der Wasserpegel regelt sich nur über das alljährliche Schmelzwasser des Kraters. Im Winter liegt der Krater unter einer meterhohen Schneedecke und ist dann auch für die Bevölkerung gesperrt. In dem Krater zu übernachten ist auf jeden Fall empfehlenswert, wenn man auf den Komfort einer Dusche und Toilette verzichten kann. Leider muss man aber beim Toilettengang etwas Vorsicht walten lassen, viele sind schon auf die Idee gekommen, hinter dem nächst gelegenen Busch zu verschwinden. „Tretminen“ sind aber meist mit Toilettenpapier gekennzeichnet, und wenn man nicht total blind durch den Krater läuft, tritt man auch meist daneben. Bei etwas Zeit lohnt es sich auch auf den Kraterrand zu steigen. Der Ausblick ist unvergleichlich und entschädigt für die 3 – 4 Stunden Strapazen des Aufstiegs. Abends herrscht im Krater totale Stille, der See liegt spiegelglatt in der Abendsonne, nur das Fauchen des Benzinkochers ist zu vernehmen.

Früh geht es am nächsten Morgen in Richtung des richtigen Nemrud Dagi – dem Götterberg – weiter. Aber erstmal die etwa 12 km raus aus dem Nemrud Gölu – was sich als nicht so einfach heraus stellt. Die Straßen sind unbefestigt und mit feinem Kiesel und Sand bedeckt, die Straßenränder sehen auffallend locker und sandig aus. Mein Vorderrad hält irgendwie nicht die Spur, lasse es aber gewähren. Versuche in der Mitte der Straße zu bleiben. Ein entgegenkommender PKW Fahrer zwingt mich aber an den Straßenrand, um die Straßenmitte für sich zu beanspruchen. Komme dadurch in den lockeren Straßenrand und mein Vorderrad schiebt sich in dem weichen Sand fest. Versuche noch etwas Gas zu geben und Richtung Straßenmitte zu kommen. Vergebens. Das Hinterrad gräbt sich bis zur Nabe ein und dreht durch, komme keinen Millimeter mehr vorwärts. Wenigstens kommen so meine Füße mal zu einem festen Stand. Was eigentlich nicht nötig wäre, da mein Moped auch alleine stehen bleibt, eingegraben bis zu den Radnaben. Was man für eine Energie aufwenden muss, um sein Moped aus so einer Situation wieder herauszubekommen, hätte ich nie gedacht. Alles wegen so einem „Möchtegern-Straßenmitte-Fahrer“. Schieben funktioniert nur bedingt, da man ein paar Zentimeter später wieder festsitzt. Ziehen, der gleiche Effekt – wenn sich das Motorrad überhaupt bewegt. Also Gepäck abladen, erstmal so versuchen. „Schaufele“ mit meinen Händen die Räder und den Weg davor und dahinter etwas frei. Schieben – ziehen – schaufeln – schieben – ziehen – ein letztes Mal schaufeln – ein letztes Mal ziehen, Moped steht wieder auf der Straßenmitte. Ich, total durchgeschwitzt und so ziemlich am Ende meiner Kräfte, daneben. Und das alles schon morgens um 8.30 Uhr – so kann’s weitergehen! Dafür entschädigt die Fahrt an den Atatürk Stausee etwas. Der muss überquert werden auf dem Weg zum richtigen Nemrud Dagi. Der Stausee kann auch umfahren werden, dafür sind dann aber ein paar hundert Kilometer Umweg in Kauf zu nehmen. Die Fähren haben ihre besten Tage schon längst gesehen, fahren von 08.00 Uhr bis 20.00 Uhr alle 1 ½ Stunden an das jeweilige andere Ufer. Habe Glück und komme an, als gerade eine Fähre anlegt. Werde als letztes Fahrzeug auf die Fähre gelassen und lehne das Moped für einen sicheren Halt gegen einen Kleinlastwagen. Wie üblich erregt das Moped mit seinem Gepäck allgemeines Interesse und wird mit und ohne Leute mal heimlich oder auch ganz unverhohlen fotografiert. Nach etwa einer halben Stunde darf ich auch schon wieder als Erster von der Fähre fahren.

Von hier sind es nur noch wenige Kilometer zum Götterberg, die auch problemlos und auf den letzten Kilometern durch ein sehenswertes Tal bergan führen. Es heißt, dass man auf dem Nemrud Dagi übernachten kann, zwar nicht offiziell, wird aber von der Parkdirektion geduldet. Fahre dem Götterberg auf der einzigen Zubringerstraße entgegen. Auf den letzten zehn Kilometern vor dem Gipfel befindet sich der Parkeingang und es wird eine Gebühr von etwa 3,- Euro erhoben. Am Ende der 10 Kilometer befindet sich ein kleines Restaurant, von dem es dann noch etwa 20 – 30 Gehminuten zum Gipfel sind. Frage wegen übernachten hier, und wie es ausschaut, kann ich wirklich mein Zelt hier oben irgendwo hinstellen. Aber kaum dass ich am Auspacken meines Zeltes bin, sind mein Moped und ich auch schon wieder von vielen Leuten umstellt. Ich werde nach dem „woher, wohin, wie lange, wie viel“ befragt und von überall werden mir spontan Wasser- und Honigmelonenstücke gereicht, Salate und viel anderes Essbares angeboten. Auch bei den Göttern picknicken die Einheimischen gerne. Will aber einfach meine Ruhe haben und habe mich schlussendlich für die Softvariante des Campens entschieden, indem ich zurückfahre, und mein Zelt am Eingang des Parks auf dem Rasen einer „Karawanserei“ aufstelle. Auch weil ich mein Zelt zwei Nächte stehen lassen will um genügend Zeit für die Götterbesichtigung zu haben.

Dazu ein kurzes Zitat aus dem Reiseführer; „Der Gipfel des 2150 m hohen, windumtosten Berges ist der größte Grabhügel der Welt, riesige Köpfe aus Stein bewachen ihn. Götterverehrung und Selbstvergötterung kulminieren in dieser einzigartigen Gedenkstätte, die der kommagenische König Antiochos I. für sich selbst geschaffen hat.

Die außergewöhnliche Kegelform des Nemrud Gipfels fiel bereits 1881 dem deutschen Ingenieur Karl Sester bei seiner Suche nach möglichen Eisenbahntrassen durch das Euphratgebiet auf. Er beschloss, den Berg zu besteigen. Die Berichte seiner spektakulären Entdeckung erweckten Neugier, zuerst die von Carl Human, der zwei Jahre später selbst den Gipfel erklomm. Die Erforschung von Kommagene nahm ihren Lauf“.

Wenn man mit den Göttern alleine sein will ist es empfehlenswert, sich eine Audienz über den Mittag bis in den frühen Nachmittag zu sichern. Früh am Morgen und später am Nachmittag ist die Ost- bzw. die Westterrasse mit vielen Leuten bevölkert, die den Sonnenaufgang bzw. Sonnenuntergang fotografisch festhalten möchten. Der mächtige Tumulus auf dem Götterberg hat unter anderem auch dadurch schon merklich gelitten, dass Touristen, die höher als die Götter stehen wollten um ein unvergleichliches Foto mit nach Hause bringen zu können, das Schottergestein nach unten traten. Die Kegelhöhe hat sich dadurch von 75 m auf 50 m reduziert. Heute ist das Besteigen verboten – was aber viele nicht davon abhält, es trotzdem zu tun. Die Besichtigung lohnt sich auch alleine schon wegen der sagenhaften Rundsicht auf dem windumtosten Götterberg. Die ganze umliegende Bergwelt ist hier in einem 360 Grad Blick zu sehen.

Nach der Götterbesichtigung geht es weiter nach Westen, genauer gesagt nach Göreme in Kappadokien, wo ich einen Tag später, mit ein paar Gewittern auf dem Weg, wieder im Kaya Camping mein Zelt aufgeschlagen habe.

Camping = Grill ausgebucht.
Camping = Grill ausgebucht.

Dogubayazit - Verpflegung auf türkisch  08. – 10.07.2010

 

Über Kars geht es weiter zur Ruinenstadt Arni direkt an der armenischen Grenze. Arni erstreckt sich über ein dreieckiges Plateau, das im Osten durch den Flusslauf des Arpa Cayi und im Westen durch den des Alaca Suyu begrenzt wird. Da beide Flüsse durch zwei tiefe Canyons verlaufen die im Süden zusammentreffen, musste man die Stadt früher nur im Norden durch eine Mauer sichern. Heute wird der Arpa Cayi von Soldaten gesichert – auf der einen Seite stehen türkische, auf der anderen Seite armenische Soldaten. Wenn man sich auf dem Gelände bewegt, kann man auf der anderen Flussseite die armenischen Wachtürme sehen. Arni ist eine gut erhaltene Ruinenstadt aus dem frühen Christenzeitalter.

Nach der Besichtigung dieses Kleinodes geht es weiter nach Dogubayazit – dem Einfallstor in den Iran. Direkt am Berg Ararat entlang, dem höchsten zu besteigenden Punkt der Türkei. Das Wetter zeigt sich versöhnlich warm und auch der Gipfel des großen Ararat gibt sich die Ehre, sich mit seiner schneebedeckten Haube zu zeigen. Fahre westlich am Berg Ararat vorbei Dogubayazit entgegen, nicht ohne ein paar Bilder von der Majestät der türkischen Berge zu machen. Dabei werde ich das ein oder andere Mal zum Tee geladen.

Komme am frühen Nachmittag in Dogubayazit an – die Stadt selber ist eigentlich keinen Besuch wert, wenn es nicht den Ishak Pascha Palast, das Schloss Neuschwanstein der Türkei, in der unmittelbaren Nachbarschaft gäbe. Ein Besuch lohnt sich insofern, dass sich direkt über dem Palast ein kleines Restaurant befindet, und man von da aus den schönsten Blick während des Sonnenuntergangs auf den Palast hat. Auch die Umgebung ist sehenswert, für einen tollen Ausblick lohnt es sich, den einen oder anderen Gipfel der Umgebung zu erklettern – was ich auch unter erheblichem Schweißausbruch in den Tagen gemacht habe – „mit Seil und Haken den Tod im Nacken, ging es dem Gipfelkreuz zu“. Bisschen wie in den Alpen.

Direkt unter dem Palast gibt es einen Campingplatz (Murat Camping), auf dem ich mich für die nächsten drei Nächte eingerichtet habe. Mein Zelt stelle ich auf Empfehlung des Verantwortlichen direkt neben einen Tisch mit Stühlen. Schön im Schatten der Bäume. Was ich bis dahin noch nicht wusste, sollte ich am späten Nachmittag mit voller Wucht erfahren. Die Türken sind ein ausgesprochen campingfreudiges Volk. Wann immer sich eine Gelegenheit ergibt, und die gibt es für die Türken oft, wird das Auto mit dem ganzen Grillzeugs – Grill, Holzkohle, Blech zum Fladenbrotbacken, Hähnchenschlegel, Rindersteaks, Tomaten, Gurken, Tee, dem dazugehörenden ganzen Geschirr und der Großfamilie - vollgeladen und ein geeigneter Platz aufgesucht. Dann ist das Oberhaupt der Familie erstmal damit beschäftigt den Grill anzuwerfen und das ganze gute Grillgut zuzubereiten, während die Frauen Salate, Fladenbrot und Tee zubereiten.

Das passiert dann alles im direkten Umkreis meines Zeltes, ist ja schließlich ein Campingplatz und schüchtern sind die Türken auch nicht so richtig. Sitze da am Tisch vor meinem Zelt und habe all die wohlschmeckenden Gerüche der umliegenden „Grillpfannen“ in meiner Nase, während mein Zelt umstellt ist von Holzkohlegrill, Brotbacköfen, Teezubereitungs-Apparaturen, und vom Brotbacken und Grillen erstmal eingenebelt wird. Ab und an wird auch freundlicherweise nachgefragt, ob mich das Grillen und Backen störe und ob es ein Problem darstellt für mich. Natürlich nicht – kann doch nicht als einziger Tourist hier den vielen einheimischen Familien das Grillen, Brotbacken und Teezubereiten verbieten – wie soll das denn gehen. Ist wahrscheinlich sowieso nur eine rhetorische Frage. Wenigstens habe ich so etwas Unterhaltung durch die Kinder. Zuerst etwas zurückhaltend, wenn aber eines den Mut gefasst hat mich anzusprechen, gibt es kein Halten mehr. Es werden sämtliche Deutsch- und Englischkenntnisse herausgeholt und immer lauter vorgetragen, um auch ja nicht meine Aufmerksamkeit zu verlieren. Die Kinder sitzen zu Dutzenden bei mir auf dem Tisch und den Stühlen, rennen weg und kommen wieder. Mein Zelt wird inspiziert – innen wie außen. Ohne Scheu wird der Reißverschluss hochgezogen (auch schon mal nachts, wenn ich schon am Ruhen war) und alles unter die Lupe genommen. Kommt auch vor, dass sich ein paar Kinder um das Zelt versammeln und versuchen, unter dem Vorzelt durch zu schauen, sieht dann in etwa so aus wie Enten im Teich mit dem Kopf unter Wasser. Nervt schon etwas – kann es aber tolerieren, auch weil ich von den Kindern und vor allem von deren Eltern voll verpflegt werde. Sobald das Essen am Grill fertig ist und die Kinder gerufen werden, steht meist auch schon ein voll gefüllter Teller mit all den guten Sachen bei mir am Tisch oder die Kinder stehen um mich herum, jedes mit einem Hähnchenschlegel oder einem anderen Grillgut in der Hand, um es mir anzubieten. Tee darf natürlich auch nicht fehlen. Oft kommt es vor, dass ich das Grillgut von zwei oder drei Familien an einem Tag probieren muss. Bei den Türken verhält es sich so, dass Ablehnen nicht in Frage kommt. Wird einfach alles auf dem Tisch vor meinem Zelt abgestellt.

Wenn ich unterwegs war und zurückkomme, meinen Reißverschluss am Zelt hochziehe, kommt da meist eine Tüte mit Tomaten, Gurken und Brot zum Vorschein. Kann gar nicht soviel essen wie mir an diesen drei Tagen angeboten oder untergeschoben wird. Kann letztendlich aber auch nicht alles ablehnen, denke es gibt schlimmeres, als sich für drei Tage mit Gegrilltem den Magen voll zu schlagen. Nach den drei Tagen geht es dann zufrieden und vor allem voll gestärkt mit all den türkischen Grillspezialitäten in den Iran.

Hier macht Mopedfahren Spass.
Hier macht Mopedfahren Spass.

Yusufeli – Tee mit Gebäck

07.07.2010

 

Nur über Yusufeli zu schreiben oder zu berichten ist normalerweise kein Papier füllendes Ereignis, wenn sich da nicht ein Kleinlastwagenfahrer erdreistet hätte, mich „über den Haufen“ zu fahren. Aber erst mal der Reihe nach und eines vorneweg – der Tag war sehr warm.

Der Tag fängt gut an. Komme früh aus dem Schlafsack und die Sonne lacht auch schon, wie die letzten Tage eigentlich immer. Die heutige Etappe soll von Gümüshane über Bayburt und Ispir nach - oder zumindest in - die Gegend von Yusufeli führen. Würde gerne das Halbfinalspiel Deutschland – Spanien anschauen, deshalb ist die heutige Übernachtung in einem Hotel geplant. Die Straße von Gümüshane über Bayburt ist gut ausgebaut und es ärgert mich schon ein wenig, wieder eine uninspirierende Straße unter meinen Mopedreifen zu haben. Dies ändert sich aber schlagartig ab Bayburt, mitten im Dorf zweigt die Straße ab in einen augenscheinlichen Feldweg. Bin mir nicht mehr ganz sicher auf dem richtigen Weg zu sein, frage mehrmals nach, aber immer wieder die gleiche Antwort – immer weiter, ist der richtige Weg. Naja, bin mir unschlüssig, fahre aber dennoch weiter, wenigstens kein Verkehr. Es geht auf einem schmalen, kurvenreichen Sträßchen über mit Gras und Bäumen bewachsene Hügel. Macht Spaß hier Moped zu fahren. Irgendwann stehen ein paar Fahrzeuge mitten auf der Fahrbahn, will erst vorbeifahren – sehe aber dann den Grund, warum alles zum Stehen kommt. Die Straße wird verbreitert, und aus diesem Grund wurde gesprengt um die breitere Straße durch eine Felswand zu treiben. Eine Planierraupe ist nun damit beschäftigt, den Schutt aus der Straße zu schieben. Stehe nur kurz mit meinem Motorrad alleine auf der Straße. Jugendliche aus den umstehenden Autos kommen auf mich und mein Moped zu, halten aber erstmal etwas Abstand. Als dann aber das Eis gebrochen ist, kennen sie keine Scheu mehr. Nach den üblichen Fragen nach meiner Herkunft und wie teuer das Motorrad denn sei, nehmen alle einer nach dem anderen auf meinem Moped Platz, um Fotos zu machen. Es wird geknipst bis das Fotohandy voll mit Erinnerungsfotos ist. Nach einer Stunde etwa geht es dann weiter.

Die Landschaft ändert sich nun nach und nach vom sommerlichen Grün in verbranntes Braun und die Temperaturen steigen merklich. Es geht durch eine enge Schlucht mit steil aufragenden Felswänden an einem Flusslauf entlang. Mein GPS gibt ab und an die Navigation auf. An einer Hängebrücke halte ich an, um ein paar Fotos zu machen. Will gerade weiterfahren, als ein Bauer mit seinem Esel über die Brücke kommt, mache ein paar Bilder und komme – mit Händen und Füßen – mit ihm ins Gespräch. Setzen uns zu seiner Frau, die ich im Schutze der Brücke erst spät gesehen habe. Sie bieten mir Wasser an, was ich dankend annehme und mich im Gegenzug mit ein paar Brausetabletten revanchiere. Nicht ohne vorher eine Brausetablette in etwas Wasser aufzulösen und die Zwei probieren zu lassen. Als sie das Getränk für gut befinden, schenke ich ihnen ein Röhrchen mit Brausetabletten in der Hoffnung, dass diese ihnen wirklich so geschmeckt haben wie ihr Gesichtsausdruck vermuten ließ.

Auf der Weiterfahrt wird das Sträßchen immer abenteuerlicher. Nachdem es zunehmend enger wird, geht es schließlich in einen unbefestigten Feldweg über. Es kommt nun Kurve um Kurve, mal höher hinaus und auch wieder runter auf normal Niveau. Das Fahren mit Auto oder LKW hat hier schon etwas mit Abenteuer gemein – das Sträßchen ist meist nicht breiter wie die 4-rädrigen Fahrzeuge, die hier unterwegs sind. Jetzt muss ich bei Gegenverkehr sogar mit meinen Moped rangieren. Überholen ist nur noch mit Einverständnis des voraus fahrenden Verkehrsteilnehmers möglich. Nach etwa acht Stunden Fahrt komme ich etwas müde und mit wenig Sprit in Yusufeli an. Das Städtchen liegt idyllisch zwischen Bergen und an einem Flusslauf. Versuche mich zu orientieren, wo sich die nächste Tankstelle befinden könnte und die nächste Straße nach Osten abzweigt. Gelingt mir nicht wirklich und so halte ich mit eingeschaltetem Fahrtrichtungsanzeiger am Straßenrand in der Nähe einer Kreuzung. Wende mich gerade an eine zufällig vorbeikommende Person, um nach einer Tankstelle und dem Weg Richtung Osten zu fragen, als ich einen lauten Knall höre und mich auf der Straße wieder finde. Keine Ahnung wie ich dahin komme. Ein paar Leute helfen mir wieder auf die Beine. Nach einer kurzen Orientierungslosigkeit meinerseits erfahre ich das Geschehene durch die lautstarken Erläuterungen und Gestikulationen der umstehenden Leute. Ein Kleinlastwagen hat mich beim Rechtsabbiegen oder Einparken (der Fahrer konnte es nicht so richtig erklären) übersehen, meinen linken Alukoffer am Moped mit seinem Kleinlaster erwischt und mich so mit samt meinem Moped zu Boden geworfen. Dabei hat der rechte Alukoffer beim Umkippen meines Mopeds noch ein parkendes Auto touchiert. Erstmal gibt es eine lautstarke Diskussion mit dem Fahrer des Kleinlastwagens. Die Leute fragen mich, ob mit mir alles in Ordnung sei, ob ich in ein Krankenhaus möchte, ob irgendwas wehtut. Nein, soweit alles in Ordnung, mein rechter Handballen schmerzt ein wenig, aber sonst soweit keine Beschwerden. Nachdem mein Moped wieder aufgerichtet ist, wird der Schaden erstmal begutachtet. Kleine Beule und Kratzer am rechten Alukoffer, Kratzer am Tank und Handschutz, sonst augenscheinlich keine weiteren Schäden. Da sich nur noch wenig Benzin im Tank befindet, will ich eigentlich ein paar Sekunden mit dem Starten des Motors warten. Ich vermute, dass der Vergaser leer gelaufen ist und so erstmal ein Starten des Motors nicht möglich ist. Die Leute wollen aber gleich einen Versuch starten und wie ich mir gedacht habe, springt der Funke nicht über. Betroffene Gesichter, nochmals Vorwürfe an den Kleinlastwagenfahrer. OK, lasse ihn mit seinem schlechten Gewissen noch etwas schmoren, bevor ich dann nach ein paar Minuten wieder einen Startversuch unternehme und mein Moped auch gleich anspringt. Erleichterte Gesichter allenthalben, vor allem der Kleinlastwagenfahrer ist erleichtert. Fahre noch eine Runde, um auch sicher zu sein, dass das Fahrwerk weiterhin geradeaus fährt. Da dies der Fall ist und auch sonst kein augenscheinlicher Schaden entstanden zu sein scheint, einigen wir uns auf einen Tee mit Gebäck in einem nahe liegenden Kaffee.

Der Fahrer des Autos, auf das mein Moped beim Sturz gefallen ist, ist inzwischen auch ausfindig gemacht worden. Nach Begutachten seines Fahrzeuges (eine kleine Beule mit Kratzer am Kotflügel und Stoßstange) und einem Achselzucken – warum man ihn überhaupt hergeholt hat – lässt auch er sich zu einem Tee mit Gebäck überreden.

Nach dem Auffüllen meiner Benzinvorräte mache ich mich wieder auf den Weg Richtung Osten. Die Straße wird breiter und es geht wieder durch eine steil aufragende Schlucht nach Göle, das auf einer kleinen Hochebene auf etwa 2100 m liegt. Das Dorf sieht auf den ersten Blick nicht einladend aus. Hotel mit Fernseher für das Fußball-Halbfinale scheint es auch nicht zu geben. Fahre so durch das Dorf und frage mich durch, als ein ziemlich großes Moped (Suzuki Intruder) neben mir hält. Als ich mich dem Fahrer zuwende, wähne ich mich in einem Roadmovie, schwarze Boots, schwarze Lederjacke mit ein paar Fransen, Jeanshose und die coole Sonnenbrille darf auch nicht fehlen – alles natürlich ohne Helm. Der Fahrer sieht nicht so aus, als ob er von dieser Gegend stammt. Spricht gutes Englisch und wir kommen so ins Gespräch. Er ist hier als Soldat stationiert, hat sein Moped mitgebracht und kommt eigentlich aus Istanbul. Bis in 6 Monaten hat er seinen Wehrdienst abgeleistet und dann geht es wieder nach Istanbul. Er bringt mich in einem Hotel unter und wünscht mir nach einem Tee noch einen schönen Abend, bevor er sich dann von mir verabschiedet. Scheint noch was anderes, besseres, vorzuhaben – denke nicht, dass er sich extra für mich so in Schale geworfen hat.

Am Hotel erkundige ich mich nach dem Fußballspiel und einer Unterstellmöglichkeit für mein Moped. Spiel wird übertragen, Moped wird kurzerhand im Heizraum untergestellt, der gerade so breit ist, dass mein Moped mit eingeschlagenem Lenker darin Platz findet und ich beim Verlassen über mein Moped klettern muss. Da sich mein Fernseher im Zimmer nicht zu einem Bild bewegen lässt, sehe ich das Spiel in der Lobby mit anderen Fußballbegeisterten, wobei sich die Begeisterung der Türken für die Deutschen auf Mesut Özil beschränkt. Zu Beginn des Spieles ist noch helle Begeisterung und laute Akustik zu vernehmen. Die Begeisterung nimmt dann aber immer mehr ab, je länger kein Tor fällt. Ab Mitte der zweiten Halbzeit sitzen der Hotelbesitzer und ich noch als einzige vor dem Fernseher. Das Spiel ist inzwischen für die heißblütigen Türken zu langweilig, und solange keine türkische Mannschaft bei der WM vertreten ist, hält sich das Interesse merklich in Grenzen. Zum Schluss verlieren die Deutschen auch noch das Spiel.

Was soll’s, habe den Tag unbeschadet überstanden, die Sonne und das Sträßchen genossen, mein Moped fährt noch geradeaus nach dem „Rammstoß“ – morgen ist ein anderer Tag und ich werde wieder auf meinem Moped sitzen.

Hier war der Verkehr übersichtlich.
Hier war der Verkehr übersichtlich.

3644 – „Folge dem Taxi“

15.06.2010

 

Laut den Informationen aus dem Reiseführer und Gesprächen mit anderen Reisenden soll es in Ankara am Airport Hotel möglich sein zu campen. Wegbeschreibung: immer Richtung Flughafen halten, kurz vor dem Flughafen auf der rechten Seite fällt das Hotel gleich ins Auge. Wenn man die Abfahrt verpasst, kein Problem, am Flughafen umkehren und zurückfahren. Soweit die Theorie laut den Aussagen der Leute, die schon mal da waren. Erreiche Ankara von Süden her, folge dem Wegweiser Richtung Flughafen, die Straße wird immer breiter. Inzwischen sind es schon 4 Spuren in jede Richtung. Verkehr wird immer dichter, hupen, Gas geben, nicht den Schneit abkaufen lassen. Immer „im Fluss“ bleiben. Da passiert es, verpasse eine Abfahrt. OK, nehme die nächste. Da hupt es auch schon neben mir, ein Taxifahrer versucht durch Gestik und Gehupe auf sich aufmerksam zu machen. Er gibt mir zu verstehen rechts ran zu fahren. Was soll ich machen? Will die nächste Abfahrt abfahren um wieder Richtung Flughafen zu kommen. Aber vielleicht kann er mir ja die Auskunft geben, wie ich da am besten hinkomme. Also rechts ran, anhalten.

Der Taxifahrer heißt Erol wie er mir sagt, hat 10 Jahre in Frankfurt gelebt und ist seit 5 Jahren wieder zurück in der Türkei. Seit etwa 2 Jahren fährt er Taxi in Ankara, krankheitsbedingt. Erol hatte einen schweren Unfall mit dem Motorrad, wobei seine Beine schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden. Sein Arzt hat ihm empfohlen in der sauberen Luft der höheren Lagen, Ankara liegt etwa auf 900 m, seinem Job nachzugehen, wäre auch gut für seine Beine.

Erol spricht fließend deutsch, hat mich angehalten weil er mal wieder mit einem Deutschen reden wollte, in den zwei Jahren in Ankara hat er angeblich keinen Deutschen getroffen. Hat am Nummernschild erkannt, dass da ein Deutscher vor ihm fährt. Fragt, ob ich etwas Zeit habe, könnten so an seinen Taxistand fahren und erstmal einen Tee trinken. Kurz nach Mittag, Zeit hätte ich ein wenig. Also auf zum Taxistand. Treffe am Taxistand auch einige seiner Kollegen, interessieren sich für mein Motorrad, Erol muss übersetzen. Können nicht verstehen, warum ich alleine auf dem Weg bin. Wo sind denn die anderen? Einer sitzt vor dem Fernseher, Lautstärke auf stumm gestellt, es läuft ein Spiel der Fußballweltmeisterschaft. Neuseeland trifft auf die Slowakei. Ich frage, wer denn gerade spielt. Der Taxifahrer weiß es nicht. Erol erklärt mir, da sich die Türkei nicht für die Weltmeisterschaft qualifiziert hat, ist das Interesse nicht so groß im Land. Es werden zwar die Spiele angeschaut, aber Stimmung kommt keine auf.

Die Taxifahrer zeigen mir auf der Türkeikarte Plätze, die ich unbedingt noch besuchen muss während meinem Aufenthalt in der Türkei. Erkläre Erol, dass ich auf dem Weg zum Airport Hotel war und, wenn ich schon eine handvoll Taxifahrer hier sitzen habe, frage gleich noch nach dem Stadtteil in Ankara, wo sich die Botschaften befinden. Er erklärt sich bereit, nach Absprache mit seinem Chef, mit dem Taxi vorneweg zu fahren, zuerst zu den Botschaften und auf dem Rückweg will er mir die Abfahrt Richtung Flughafen zeigen, der ich dann für ca. 18 km folgen soll zum Airport Hotel. So weit, so gut.

Nach einem Tee fahren wir los, soll einfach hinterher fahren, meint Erol. Erol fährt erst mal zu einem Aussichtspunkt, um mir Ankara von oben zu zeigen. Er meint, dass Ulus, so heißt der Stadtteil in dem wir uns befinden, das ehrliche und ursprüngliche Ankara sei. Ulus sei das Low Budget Viertel von Ankara. In Ulus befindet sich ein großes Atatürk-Reiterdenkmal, drum herum liegt das alte Geschäftsviertel mit Bankpalästen, Basarstraßen und der Altstadt den Burghügel hinauf. Mache ein paar Bilder und weiter geht es Richtung Süden, den Atatürk Bulvan entlang Richtung Kavaklidere, dem Stadtteil mit den Botschaften.

Dabei vergisst Erol wohl, dass ihm ein Motorradfahrer folgt. Fährt, denke ich, so wie er immer fährt. Wechselt die Autospur ohne zu blinken, hupen, gas geben, Ampel auch mal bei Rot überfahren. Und das bei ein paar Zentimetern Abstand zu den anderen Verkehrsteilnehmern.

Aus anderen Erfahrungsberichten über die Türkei war immer wieder die Rede über die Fahrweise der Türken, hab das bis jetzt nie so erlebt und mich gewundert, warum die Verfasser der Berichte so was schreiben, war wohl bis jetzt meist auf dem Land unterwegs, hier in Ankara werde ich eines Besseren belehrt – die Berichte über die Autofahrer der Türkei treffen alle zu, zumindest in der Großstadt.

Mein T-shirt ist schon nach ein paar Minuten tropfnass und dieses Mal liegt es nicht an dem schönen Wetter. Was bleibt mir übrig, wenn ich Erol nicht verlieren will, muss ich irgendwie dranbleiben. Ab und zu hält er an um Fahrgäste mitzunehmen, kriegt so wenigstens sein Spritgeld wieder rein. Ab und zu ist er auch ein paar Autos vor mir in der Fahrspur, meist mit vielen anderen Taxis. Brauche ein Erkennungsmerkmal, um nicht aus Versehen einem anderen Taxi an der Stoßstange zu kleben. Merke mir seine Nummer 3644 und von da an folge ich nur noch der 3644. Nach etwa einer halben Stunde sind wir - nach überfahrenen roten Ampeln, stehen bleiben mitten auf Kreuzungen, Beschimpfungen weil ich ab und an eine Abfahrt zugestellt habe um bei der 3644 zu sein, wildem Spurwechsel, drängeln, freundlichem Lächeln und vier Fahrgästen - im Stadtteil Kavaklidere mit den Botschaften angekommen. Öffne erst mal meine Motorradjacke und denke schon etwas verschwitzt an die Rückfahrt.

Die Rückfahrt gestaltet sich auf die gleiche Weise wie die Hinfahrt, irgendwann hält Erol an und erklärt mir, dass ich der Straße nun folgen soll und nach etwa 18 km das Airport Hotel zur linken Hand liegt. Aber erstmal einen Tee.

Trinken den Tee an einem Autohaus, Freunde von Erol. Bevor ich mich wieder auf den Weg mache, gibt mir Erol noch seine Nummer und den Rat, mich bei Schwierigkeiten bei ihm oder seinen Freunden vom Autohaus zu melden.

Am Airport Hotel angekommen erfahre ich erstmal, dass campen nur mit einem Camper möglich ist und nicht mit Zelt, nichts zu machen. Bekomme aber eine andere Adresse, wo zelten erlaubt sein soll. Stellt sich als eine Art Feriencamp mit riesigem Hotelkomplex heraus. Die Leute an der Rezeption sind erstmal überrascht über mein Anliegen. Normalerweise zeltet hier niemand. Der Manager wird zu Rate gezogen. Zelten nur möglich, wenn ich auch das Büfett für Frühstück und Abendessen genieße. Kostet dann statt der 65 Euro für das Zimmer nur 40 Euro mit dem Zelt. Lehne dankend ab und mache mich wieder auf den Weg Richtung Stadtmitte. Will Erol anrufen und sehe, dass mein Akku leer ist. Fahre zum Autohaus, Glück gehabt, noch nicht Feierabend. Die Leute rufen Erol an und er kommt eine halbe Stunde später mit seinem Auto vorbei.

Erkläre ihm den Umstand und das ich jetzt ein billiges Hotel mit Abstellplatz für mein Motorrad suche. Sein Auto will nicht mehr anspringen, stattdessen fährt sein Schwager mit seinem Auto vorne weg und mit Erol auf dem Beifahrersitz.

In Ulus finden wir ein Hotel für, nach ein wenig handeln, 15 Euro. Fernseher auf dem Zimmer (Fußball Weltmeisterschaft), Badezimmer mit Sitzbadewanne auf dem Zimmer, Tiefgaragenplatz für mein Motorrad, WiFi - Internet (Berichte schreiben, Internet Seite einrichten), Supermarkt, Döner- und Grillbuden in 50 m Umkreis und der Stadtteil mit den Botschaften ist in 45 bis 60 Minuten zu Fuß (mein Fitnessprogramm) zu erreichen. Kann auch ein Taxi oder Sammeltaxi nehmen, die in unmittelbarer Nähe abfahren. Was will man mehr um an seinen Berichten und der Beantragung der benötigten Visa zu arbeiten. Nebenbei noch die Fußball Weltmeisterschaft verfolgen.

Die Pferde werden präsentiert.
Die Pferde werden präsentiert.

Pferderennen

30.05.2010

 

Schön wenn man etwas Zeit hat und auch mal umplanen kann. Wollte heute eigentlich in Istanbul sein. Da heute das Formel Eins Rennen `Großer Preis von Istanbul´ stattfindet, waren die Hotels, die ich im Vorfeld per Email angeschrieben habe, alle für dieses Wochenende ausgebucht. Also, Richtungsänderung. Süden, der Nordägäis entlang und mit der Fähre nach Canakkale. Treffe auf der Fähre den ersten „Overländer“, Mike Dunn ein Engländer, war für 15 Monate mit seinem Motorrad, einer Honda XL, in Afrika unterwegs und befindet sich wieder auf dem Heimweg.

Nach der Übersetzung fahre ich weiter die Ägäis runter bis nach Alibey, eine kleine vorgelagerte Insel von Ayvalik. Der Campingplatz liegt etwas außerhalb. Auf dem Weg dahin passiert es wie so viele Dinge völlig unerwartet und unvorbereitet, ich fahre um eine Linkskurve als auch schon zwei Schlangen das Weite suchen. Wobei, ich glaube der Zweiten etwas über den Schwanz gefahren zu sein. Sie sprang erst in Richtung Motorrad und im Rückspiegel sehe ich, wie sie sich etwas krümmt bevor sie im Unterholz verschwindet.

Am Campingplatz plane ich erst mal meinen weiteren Streckenverlauf in der Türkei. Grobe Route für die nächsten Tage soll sein: Zeus Tempel bei Cavdarhisar, weiße Terrassen von Pamukkale, Marmaris mit seiner ins Meer reichenden Halbinsel, Seengebiet bei Aksehir, Kappadokien, Ankara (Visa Beschaffung), in dieser Reihenfolge.

Nach dem Besuch des Zeus Tempels, der als eines der besterhaltenen Bauwerke der Antike gilt, fahre ich weiter Richtung Süden, um mir einen Schlafplatz zu suchen. An einem Brunnen mache ich Halt um meinen Wasservorrat für die Nacht aufzufüllen. Bin gerade am Auspacken meines Wassersackes, als mich Fathi anspricht. Hat die deutsche Nummer am Motorrad gesehen und fragt, ob ich den ganzen Weg von Deutschland in die Türkei gefahren bin. Ist ein wenig überrascht, als ich seine Frage bejahe. Fathi erzählt mir, dass er seit 30 Jahren in Deutschland lebt, in Kerpen bei Köln, und nun auf Besuch in der Heimat ist, da sein Vater kurz zuvor verstorben ist. Er und sein Bruder Achmet, der auch seit 30 Jahren in Deutschland lebt und blind ist wie sich später herausstellt, erledigen nun die anstehenden Behördengänge. Unterhalten uns über die Türkei, was man noch sehen sollte, und über Deutschland, wie es den beiden so erging. Verabschieden uns kurz darauf und ich bin gerade am Füllen meines Wassersackes, als Fathi zurückkommt und mich fragt, ob ich nicht Zeit und Lust hätte mit in sein Dorf zu kommen. Morgen findet ein Pferderennen statt und heute eine kleine Feierlichkeit zur Einstimmung auf das Pferderennen. Könnte auch in dem Dorf übernachten. Nehme die Einladung gerne an und folge Fathi nach Hacibekir. Am Eingang des Dorfes halten uns ein paar Polizisten an, nach ein paar Erklärungen dürfen wir weiterfahren. Hacibejir ist schon abgeriegelt für das morgige Pferderennen, außer den Bewohnern darf keiner mehr das Dorf mit einem Fahrzeug besuchen.

Fathi stellt mich seinem Schwager Memmet vor, der sich ab da um mich kümmert. Memmet geht mit mir zuerst auf den Festplatz, ich in voller Motorradmontur, und stellt mich all seinen Bekannten vor. Fragt, ob ich schon gegessen hätte, und schon habe ich einen Döner und Ayran (ne Art Buttermilch) in der Hand. Kurz danach beginnen auch schon die Feierlichkeiten. Ansprachen, Musik und Tänze. Dauert an bis etwa ein Uhr nachts, ich immer noch in voller Motorradmontur – hatte keine Chance diese zu wechseln. Memmet hat mich immer wieder vertröstet und mich weiter Leuten vorgestellt und vor der Bühne postiert um Fotos zu machen. Um ein Uhr nachts ist es aber dann soweit, werde von Memmet im Gästehaus der Gemeinde untergebracht. Darf mir ein Bett aussuchen. An Schlaf ist aber nicht so recht zu denken, es herrscht ein reges Kommen und Gehen in dem Gästehaus.

Am nächsten Morgen stehe ich um neun Uhr an der Rennstrecke. Die Rennen sollen gegen Mittag losgehen, ist aber schon jetzt allerhand los, man ist am trainieren für das Rennen. Wie ein großes Volksfest, überall Dönerbuden, ganze Familien sitzen auf dem Boden und haben ihr Grillzeug mitgebracht, Tee immer und allgegenwärtig, Pferde werden präsentiert und so langsam füllt sich auch der Zuschauerraum.

Die Rennen werden im Tölt ausgetragen, der vierten Gangart der Pferde. Außer bei den Pferden hier weiß ich nur noch von den Island Ponys, dass sie diese Gangart beherrschen. Dabei handelt es sich um eine Gangart zwischen Trab und Galopp. Wie die Leute hier sagen, man sitzt dabei so ruhig auf dem Pferd, dass man dabei einen Tee trinken könnte.

Positioniere mich um gute Fotos schießen zu können, bin dabei nicht lange alleine. Werde immer wieder angesprochen woher ich komme, bin der Einzige nicht Einheimische an der Strecke,. Dabei sprechen viele Türken deutsch durch ihre früheren Aufenthalte in Deutschland. Wenn mal einer kein Deutsch spricht, ist schnell jemand gefunden der übersetzen kann. Komme so zu unzähligen Einladungen zu Tee, Ayran und Grillgut. Irgendwann treffe ich wieder auf Fathi, Achmed und Memmet. Wird ein schöner Nachmittag. Die Sieger werden mit Geldpreisen und handgefertigten Vasen, für die die Region bekannt ist (und die sehr wertvoll sein sollen), ausgezeichnet.

Fathi und Achmed erzählen, dass das Rennen von ihrem Vater vor 16 Jahren ins Leben gerufen wurde. Und seitdem immer mehr an Popularität zugenommen hat. Heute kommen die Pferdebesitzer mit ihren Pferden von überall aus der Türkei zu dem Rennen.

Am Ende des Tages werde ich noch von Fathi und Achmet zum Essen zu ihnen nach Hause eingeladen. Danach verabschieden sich die beiden von mir, sie müssen noch einen Besuch im Nachbardorf machen.

Ich übernachte wieder im Gästehaus der Gemeinde, dieses Mal habe ich das Gästehaus für mich alleine, wird eine sehr ruhige erholsame Nacht. Bevor ich am nächsten Morgen losfahre, werde ich noch von ein paar Leuten aus dem Dorf, die mich noch von der Rennstrecke kennen, zum Frühstück eingeladen. Erst danach ist es mir erlaubt weiterzufahren.

War eine schöne Erfahrung, das Wochenende in Hacibekir zu verbringen. Ist wie in Äthiopien, wenn man erstmal unter der Obhut des Dorfes steht kann man sich völlig frei bewegen und man steht unter dem Schutz der Leute. Konnte mein Motorrad und meine Ausrüstung völlig unbehelligt abstellen und musste mir keine Sorgen machen, dass irgendetwas damit passiert.

Das Pferderennen findet nächstes Jahr wieder statt, die Einladung dafür habe ich schon von mehreren Leuten erhalten.