Auf dem Weg - In Wort und Bild

21 Indien

Ein Bad im Ganges ist eines der heiligsten Rituale der Inder.
Ein Bad im Ganges ist eines der heiligsten Rituale der Inder.

Heilige Stadt – Varanasi am Ganges

10.04.2011

 

Zum Schluss wird es wieder einmal etwas eng. Mein Visum für Indien läuft in ein paar Tagen aus und ich muss eine Entscheidung treffen. Zwei interessante Orte stehen noch auf meiner Agenda für Indien.

In Neu Delhi das Taj Mahal, das ein längst verstorbener Maharadscha seiner Frau erbaut haben soll. Bei näherer Betrachtung fehlt aber etwas das Romantische in der Geschichte, denn es war nur seine Lieblingsfrau aus 78 Frauen, die er in seinem Harem hatte und diese hat ihm unzählige Kinder geboren und ist letztendlich bei der letzten Geburt gestorben.

Und Varanasi, eine der - wenn nicht die - heiligste Stadt in Indien. Direkt am Ganges gelegen und mit drei Verbrennungsstätten gesegnet.

Etwa eine Woche steht mir noch zur Verfügung. Eigentlich genug Zeit für beide Orte. Wenn man aber das Verkehrschaos der Städte und die Suche nach einer günstigen Unterkunft in die Planung mit einbezieht, ist die zur Verfügung stehende Zeit von etwa einer Woche gar nicht mehr so lang.

Ich mach es kurz, hab mich für Varanasi entschieden und gegen DAS Touristenhighlight in Indien, das Taj Mahal. Warum? Teils wegen der Aussagen der Leute und Touristen, bei denen ich das Thema ansprach und teils aus meinem Bauchgefühl heraus. Obwohl das Taj Mahal am Anfang meiner Tour fest auf dem Zettel stand. Kommt mal wieder etwas anders als ursprünglich geplant. Hab es aber nicht bereut.

Eine Unterkunft in Varanasi habe ich von einem anderen Reisenden empfohlen bekommen. Direkt am und über dem Ganges und mitten in der Stadt. Das sollte ein kleines Problem werden wie sich später herausstellen sollte. Bin also auf dem Weg nach Varanasi und will eigentlich etwas vor Varanasi übernachten, um am nächsten Vormittag in die Stadt zu fahren. Hab damit im Vorfeld immer gute Erfahrungen gemacht, wenn ich eine größere Stadt in Indien angefahren habe. Aber irgendwie finde ich kein geeignetes Örtchen um mein Zelt aufzustellen und auch die anderen Unterkünfte stellen sich als nicht wirklich billig heraus. Was bleibt mir also anderes übrig als Varanasi am späteren Abend, es wird schon dunkel, anzufahren. Wie immer fahre ich soweit wie möglich dem Zentrum entgegen. Dabei werden entgegen anderen Erfahrungen die Straßen immer kleiner und enger, je näher ich dem Zentrum komme. Wundere mich etwas und frage immer mal wieder ein paar Leute, ob dies auch der richtige Weg ins Zentrum ist. Werde immer weiter gewunken und denke mir, wird schon alles stimmen. Als die Straßen wirklich eng werden und ich jedem Ochsenkarren und Auto ausweichen muss, stelle ich mein Moped erstmal in der Nähe von einem Apothekenladen ab. Der Apotheker ist mir irgendwie ins Auge gesprungen, sieht gebildet und hilfsbereit aus. Gehe auf ihn zu und frage ihn nach dem Namen und der Adresse des Hostels, wo ich gerne übernachten will. Er sieht sich den Zettel an, bittet mich, mich zu setzen und meint, das Hostel ist ganz in der Nähe, etwa zehn Gehminuten weg. Frage ihn nach der Wegbeschreibung und er fragt erstmal zurück, ob ich mit dem Moped dahin will. Bejahe dies und er meint, das wird etwas schwierig mit so einem großen Moped. Wundere mich etwas über die Aussage und frage nochmals nach der Wegbeschreibung und meine, es müsste doch einen Weg dahin geben, der mit meinem Moped machbar ist. Er erklärt mir, dass das Zentrum von Varanasi aus kleinen verwinkelten Gassen besteht und selbst mit meinem Moped das Hostel vielleicht nicht zu erreichen ist, auf jeden Fall nicht mit dem Gepäck auf dem Moped.

Er holt mir was zu trinken und bittet mich um etwas Geduld. Dann ruft er in dem Hostel an und kurze Zeit später erklärt er mir, dass ein Zimmer frei wäre und jemand vorbei kommen will, um mich abzuholen. Kann ungefähr 15 Minuten dauern sagt er und stellt mir einem Tee hin. Kurze Zeit später steht ein Inder vor meinem Moped und schaut sich dies etwas genauer an. Kommt auf mich zu und stellt sich als ein Mitarbeiter von dem Hostel vor. Meint nur kurz, könnte gehen mit dem Moped und erklärt mir, ihm zu folgen. Ab und an bleibt er stehen, erklärt mir den weiteren Weg um die nächsten Ecken, verschwindet und trifft mich dann immer ein paar Häuser weiter wieder. Er nimmt einen anderen Weg und dieser ist für mein Moped nicht machbar. Über viele Ecken und Abzweige stehe ich schlussendlich schweißgebadet im kleinen Vorhof des Hostels. Ein Abzweig war so eng, dass mein Moped vorne mit dem Rad und hinten mit dem Koffer an der Wand anstand. Die Stelle war nur mit etwas mehr Gas und ein paar Schrammen am Koffer zu meistern. Die Gassen waren meist nicht viel breiter als meine Koffer am Moped und die Leute mussten in die Hauseingänge und Buchten ausweichen, um mich passieren zu lassen. Mopeds, Fahrräder und beladene Handkarren mussten oft zurückweichen, um mir das Weiterkommen zu ermöglichen. Die so genannten zehn Gehminuten zum Hostel waren auf meinem Moped in 40 Minuten erfolgreich zurückgelegt.

Das Zimmer hat zwei Außenfenster mit umlaufendem Balkon und freiem Blick auf den Ganges. Mein Moped darf ich in dem kleinen Eingangsbereich abstellen und ich hab mich für den Rest meiner Tage in Indien in dem Hostel eingebucht. Das Moped bleibt die Tage stehen.

Varanasi ist eine der heiligsten Städte in Indien. Hier befindet sich die ewige Flamme und die Verbrennungsstätten für die Toten. Die Inder, die es sich leisten können, bringen ihr totes Familienmitglied nach Varanasi, um es dort am Ufer des Ganges zu verbrennen. Drei Verbrennungsstätten gibt es entlang des Ganges in Varanasi. Bis zu 800 Tote werden pro Tag verbrannt und die Überreste dann dem Ganges übergeben. Die Toten werden in ein Tuch eingewickelt, mit Blumen geschmückt, auf einen Stapel mit Holz gelegt und vom ältesten männlichen Familienmitglied mit der ewigen Flamme angezündet. Vor der Verbrennung wird der Blumenschmuck entfernt und in den Ganges oder in die Umgebung geworfen. Über diese freuen sich dann die Kühe, die zwischen den Toten umher laufen, immer auf der Suche nach Futter.

Die Größe des Holzstapels wird nach dem Gewicht des/der Toten berechnet und auch die Verbrennzeit ist berechnet. Alles was nach dieser Zeit noch übrig ist wird dem Ganges übergeben.

Da die Verbrennungen zu jeder Tages- und Nachtzeit stattfinden, kann man jederzeit den Totenverbrennungen von einem bequemen Sitzplatz aus zuschauen. Durch das Olivenholz wird der Geruch zwar etwas gedämpft, einen gesunden Magen sollte man trotz allem mitbringen. Etwa 600 Kilogramm Olivenholz ist nötig, um einen toten Mann zu verbrennen. Für Frauen 400 bis 500 Kilogramm und für Kinder etwas weniger. Fotografieren ist nicht erwünscht und wird auch nicht geduldet, man kann sich aber an einen der anwesenden Priester wenden und dieser macht einen Preisvorschlag pro Bild – der Preisvorschlag ist nicht verhandelbar und ziemlich gesalzen. Angeblich wird das Geld für die geschossenen Bilder für Verbrennungen verwendet, die sich die ärmeren Familien nicht leisten können oder für die Alten, die in den Gebäuden der Verbrennstätten untergebracht sind und auf ihren Tod warten.

Diese Gebäude haben in etwa den Stellenwert eines Altersheimes. Wobei die älteren Leute meist von ärmeren Familien vor der Verbrennungsstätte ausgesetzt werden. Oft weil sie die Kosten für die Verbrennung nicht bezahlen können. Die Alten werden dann von den Priestern aufgelesen und in den Gebäuden der Verbrennungsstätte untergebracht bis zu deren Tod.

Frauen, die während der Schwangerschaft gestorben sind, Tote durch Schlangenbisse und anderen Giften, Priester, Jugendliche unter 13 Jahren dürfen nach dem Glauben nicht verbrannt werden. Diese Körper werden in ein Leichentuch gewickelt, mit Steinen beschwert, mit einem Boot in die Mitte des Ganges gebracht und dort versenkt.

Da am Ganges zu Sonnenaufgang und Sonnenuntergang Bootsfahrten angeboten werden, kann es vorkommen, das die Toten, die nicht sorgfältig mit Steinen beschwert wurden, schon mal an der Oberfläche treiben. Dass ein toter Körper während der Bootsfahrt wieder aus dem Ganges hoch kam, soll auch schon mehr wie einmal vorgekommen sein. In Varanasi besucht man nicht die Touristenattraktion, man ist mitten drin.

Als ich eines Morgens am Ganges entlang laufe, fällt mir eine Gruppe älterer Frauen auf, die sich die kompletten Haare abscheren lassen. Auf Nachfrage wird mir erklärt, dass sich die Frauen das Gelübde auferlegt haben, wenn sie jemals den Ganges zu Gesicht bekommen, sie ihre Haare dafür opfern wollen. Und heute Morgen ist es soweit. Die Haare werden zum Teil dem Ganges übergeben und der Rest in eine Plastiktüte gestopft. Auf Nachfrage darf ich fotografieren und einige von den Bildern könnt ihr oben in der Fotogalerie sehen.

Wenn man so sieht, für was der Ganges alles herhalten muss - zum Entsorgen der Toten, waschen der Wäsche, waschen von Tieren, Lebensraum von Wasserbüffel, heilige Waschungen und Taufe der Leute, entsorgen des täglichen Abfalls - dann kann man sich nur schwer vorstellen, von dem Wasser des Ganges einen kräftigen Schluck zu nehmen. Aber genau das zählt unter den gläubigen Indern als Highlight ihrer Pilgerreise zum Ganges. Ich habe mir gedacht, wenn man den Schluck überlebt, was kann einem da noch passieren. Bin ehrlich, hab es nicht probiert, das heilige Wasser des Ganges. Hab die Fahrt auf meinem Moped nach und durch Indien überlebt und das stufe ich genauso hoch ein wie die Pilger das Wasser des Ganges.

Einen anderen Vorgang habe ich mir schlussendlich auch erspart. Wollte eigentlich mal wieder reine Wäsche machen mit meinen Klamotten. Aber nachdem ich gesehen habe, wo diese mit aller Wahrscheinlichkeit gewaschen werden, habe ich darauf verzichtet und in Nepal jemanden damit beauftragt – aber nicht bevor ich mich davon überzeugt habe, dass die Wäsche in einem frischen Gebirgsbach gewaschen wird.

Ab hier per Pedes oder mit Pferd.
Ab hier per Pedes oder mit Pferd.

Schneesuche - Die Kashmir Region

02.04.2011

 

Kashmir im März. Geht nicht ohne Schnee. Man sollte dies mit eigenen Augen sehen. Der Norden Indiens hat es mir aber angetan und von daher will ich da hin. Die Gegend ist immer mal wieder in den Schlagzeilen der Weltpresse. Sind sich doch die beiden Länder Pakistan und Indien bis heute nicht einig, wer denn die Region für sich beanspruchen darf.

Einige Leute geben mir auch den einen oder anderen Ratschlag mit auf den Weg und mahnen mich etwas zur Vorsicht. Komme auf den Straßen gut voran und die Straßen sind für Mopedfahrer wie geschaffen. Vorsicht ist allerdings bei den LKW geboten. Diese haben auf den oftmals schmalen Straßen keine andere Wahl als auf die Gegenfahrbahn auszuweichen. Durch hupen versuchen sie auf sich aufmerksam zu machen.

Die Temperaturen sinken merklich Richtung Gefrierpunkt. Dies bekomme ich auch bei einer Übernachtung in einem kleinen Dorf zu spüren. Zentralheizung ist hier in der Gegend ein Fremdwort und ich denke mal, das kennt keiner hier. Die Leute behelfen sich dabei aber auf mir erstaunlich unkonventionelle Art. Jeder in der Region trägt um die Schultern einen großen grauen ponchoähnlichen Umhang und in der Hand einen kleinen Bastkorb. In diesem befinden sich glühende Kohlen und dieser Bastkorb wird mit den Händen unter dem Umhang gehalten, so wird die aufsteigende Wärme direkt dem Körper zugeführt. Wenn man sich hinsetzt, wird der Bastkorb mit den glühenden Kohlen unter den Stuhl gestellt auf den man sich setzt und der Umhang über die Rückenlehne gestreift. Auch mir wird abends je ein Bastkorb unter den Tisch und Stuhl gestellt und obwohl ich keinen Umhang trage wird mir sofort warm ums Herz. Soviel zur Zentralheizung in der Kashmirregion.

Das Waschen abends im Zimmer wird allerdings zur Mutprobe. Kein fließendes Wasser und in dem Wasserbehältnis muss ich erst eine kleine Eisschicht brechen, um an das Wasser zu gelangen. Das Zähneputzen hat auch etwas von einer Mutprobe und fühlt sich in etwa so an, als hätte man auf einen Eisblock gebissen. Im Zimmer herrschen die gleichen Temperaturen wie draußen, wenn man sich aber ins Bett legt und sich mit dem dicken Teppich zudeckt, kommt der Wärmeschub kurz darauf und man fühlt sich gleich wohler. Erstaunlich, was so ein Teppich an Wärme speichern kann. Keine Ahnung aus was für einem Material der Teppich gemacht wurde, verzichten will ich nicht darauf.

Gut ausgeschlafen und voller Energie mache ich am nächsten Morgen mein Moped reisefertig, als mich ein Kuttenträger auf den Plattfuß aufmerksam macht. Das spricht sich schnell rum im Dorf und so kommt es, dass ich kurze Zeit später unter aufmerksamer Beobachtung der Kuttenträger meinen Schlauch bei Temperaturen knapp über den Minusgraden wechseln darf. Ein Bastkorb mit wärmender Kohle und ein Glas Tee für die innere Wärme werden mir dabei zur Seite gestellt. Das Glas mit Tee wird immer wieder gefüllt, bis der Reifen wieder auf der Straße steht. Ohne weitere nennenswerte Vorkommnisse komme ich schlussendlich ungeschoren in Srinagar, dem Einfallstor zum Ladakh Gebirge, an.

Kurz vor Srinagar werden die Straßenkontrollen etwas mehr. Und man wird auch immer öfter nach dem Grund gefragt, warum man hier ist und woher man kommt. Der Reisepass wird dabei meist fein säuberlich in ein großes Buch eingetragen. An einem Fluss kurz vor Srinagar halte ich am Straßenrand kurz an, um zu fotografieren, als ein Soldat mit seiner Kalaschnikow auf mich zukommt. Etwas unschlüssig begrüße ich ihn und er gibt mir zu verstehen sein Gewehr zu halten, nimmt mir meine Kamera aus der Hand und gibt mir per Handzeichen zu verstehen mich stolz mit dem Gewehr zu präsentieren. Er macht dabei Bild um Bild mit meiner Kamera, ich hoffe, ein paar Bilder werden etwas. Dasselbe wird dann mit dem Soldaten wiederholt, dieses Mal hält er das Gewehr stolz in der Hand und ich lichte ihn ab. Danach geht es weiter nach Srinagar.

Mache mich erstmal auf zu den schwimmenden Booten, die man sich für die Übernachtung anmieten kann. Liegen alle schön aneinander gereiht am See und sind über kleinere Boote erreichbar. Leider stellt sich diese Übernachtungsmöglichkeit für mich als etwas zu teuer heraus und ein sicheren Abstellplatz für mein Moped in Sichtweite ist auch nicht zu finden. Fahre etwas planlos durch das Städtchen und werde immer mal wieder von helfen wollenden Menschen angesprochen. Einer erweist sich als hartnäckiger als die anderen und preist sein Hausboot in den hellsten Tönen an. Schaue mir dies an und wieder ist ein Platz für mein Moped nicht verfügbar. Versuche mich so höflich wie möglich zu verabschieden und bin schon wieder auf meinem Moped, als der Kerl, seine letzte Chance ergreifend, mir eine Unterkunft in einem kleinen Hostel, das seinem Onkel gehört, anbietet. Lasse mich überreden und nach dem Gespräch mit seinem Onkel nehme ich das Angebot an. Bin froh nicht im Zelt übernachten zu müssen, nachts sinken die Temperaturen erheblich und meist kommt auch noch Regen dazu.

Srinagar ist eine Stadt, die mir auf Anhieb zusagt. Alles etwas chaotisch, angefangen vom lokalen Markt. Nichts für Zartbesaitete, wenn den Hühnern nicht wie gewohnt die Federn gerupft werden sondern in einem Zug das komplette Federkleid übergezogen wird und dieses dann achtlos im Straßengraben landet. Hab mal bei einem Hühnerschlächter mitgezählt. In einer halben Stunde wurde 28 Hühnern das Federkleid vom Körper gerissen. Dabei schmeckt Hühnchen ohne knusprige Haut überhaupt nicht. Das muss man den Indern mal sagen.

Schau mich in den nächsten Tagen in Srinagar um und besuche auch die stadteigene Burg. Wobei es nicht sicher war diese besuchen zu dürfen, wie mir der Neffe meines Vermieters mitteilt. Die Einwohner von Srinagar haben Besuchsverbot für die Burg und für Touristen gibt es wohl auch keine Regelmäßigkeiten. Die Burg war bis vor kurzem noch Unterkunft für die örtlichen Soldaten. Der Neffe und ich machen uns eines Morgens auf Richtung Burg und treffen am Fuß des Hügels auf den ersten Kontrollpunkt. Reisepassdaten werden fein säuberlich in ein großes Buch eingetragen und auch der Neffe wird nach seinem Pass gefragt. Ein kleines Interview folgt über das Woher und Wohin und dann dürfen wir die Stacheldrahtabsperrung passieren. Auf halbem Weg zur Burg geht es nochmals durch eine Absperrung und am Tor werden wir schon von einem Soldaten in Empfang genommen. Wobei sich dieser als relaxed herausstellt und uns in der Burg freie Bahn lässt. Der eine oder andere Soldat ist zwar noch anwesend, aber von uns wollen sie dann doch nichts wissen. Wir unterhalten uns mit den Soldaten, gehen durch die Gemäuer und schießen das eine und andere Bild.

An dem darauf folgenden Tag schaue ich mir eine Orthodoxe Kirche, die nur aus Holz gebaut ist, an und auch eine Moschee mit einer riesigen Gebetshalle mit großen Holzsäulen. Dann wird die Unruhe etwas größer, Leh zu erreichen auf einer der höchsten fahrbaren Straßen der Welt, brummt in meinem Kopf. Wie gesagt, es ist März. Lass mich aber nicht davon abbringen zumindest die Straße soweit es geht einzufahren. Komme in etwa 90 km weit, dann werde ich auf die große Anzahl kleiner Pferde und Holzschlitten aufmerksam. Weiter lassen mich die Inder nicht mit dem Moped. Die Straße kann noch in etwa weitere 10 km mit dem Pferd oder zu Fuß erlaufen werden. Entscheide mich fürs selber laufen und stelle mein Moped zu den kleinen Pferden am Straßenrand, nicht ohne das Versprechen einiger Pferdeführer, ein Auge auf mein Moped zu werfen.

Ich marschiere los und schon kurz darauf laufe ich durch etwa zwei Meter hohe Schneewände rechts und links. Von der Straße abgehen ist ohne Skier fast unmöglich, man sinkt sofort bis zum Schritt in den Schnee ein. Bleibe also auf der Straße und kurz darauf stehe ich auch schon hinter zwei Schneefräsen, die versuchen, die Straße von der etwa 1.20 m hohen Schneedecke zu befreien. Spreche mit einem Mann vor Ort, der meint, dass es wohl noch ein bis zwei Monate dauern wird, bis auf dem Landweg Leh wieder erreicht werden kann. Fliegen, kein Problem. Er sagt mir auch, dass nur drei Monate schneefreie Straßen nach Leh garantiert werden, dann schneit alles wieder zu. Also zwischen Juni und September ist die Wahrscheinlichkeit am größten, Leh und das Ladagh Gebirge auf der Straße anzufahren bzw. zu überqueren zu können.

Wenn man sich so wie ich auf einer längeren Mopedtour befindet, kann man nicht immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Aber, Indien und da im Besonderen das Ladagh Gebirge sind ab heute auf meiner Liste der Orte, die ich nach meiner Reise nochmals zur richtigen Zeit anfahren möchte, notiert. Auf jeden Fall.

Zurück bei meinem Vermieter bekomme ich mal wieder eine Gratislektion im zum Thema Cricket Regeln. Indien spielt und dazu wurde eigens ein großer Fernseher in das Basement der Unterkunft gebracht. Da ich in der Vorsaison der einzige Touri bin, werden kurzerhand die Nachbarn dazu gerufen und bei Tee, Naan (das lokale indische Fladenbrot) und etwas indischem Essen versucht jeder der Anwesenden, mir das Cricketspiel als spannend und interessant zu verkaufen. Gelingt nicht ganz, aber als guter Gast habe ich aufmerksam zugehört und den Tee, Naan und das Essen genossen.

Auf dem Rückweg darf ich mich immer mal wieder in die Bücher der Straßenkontrollen eintragen und habe schlussendlich einen Entschluss zu fassen. Meine Zeit hier in Indien läuft ab und eigentlich stehen noch das Taj Mahal in Neu Delhi und Varanasi, eine der heiligsten Städte Indiens, auf meinem Besuchsprogramm.

Der Grosse hat immer Vorfahrt in Indien.
Der Grosse hat immer Vorfahrt in Indien.

Auf Indiens Straßen unterwegs zu sein...

24.03.2011

 

Auf Indiens Straßen unterwegs zu sein ist ein kleines Abenteuer für sich. Was man da so alles antreffen kann wird mir unmittelbar vor Augen geführt, als ich kleinere Straßen über die Dörfer befahre und sich nach einer etwas unüberschaubaren Kurve eine große graue Wand vor meinem Moped aufbaut. Brauchte ein oder zwei Sekunden, um mir klar zu werden, dass das da vor mir ein Elefant ist und kein motorisierter Verkehrsteilnehmer.

Da sind wir auch schon beim Thema, was alles auf indischen Straßen anzutreffen ist. Wie im wirklichen Leben in Indien mit dem Kastensystem, herrscht auch auf indischen Straßen ein ungeschriebenes Hierarchiesystem für die Verkehrsteilnehmer.

Ganz unten anzutreffen sind die Fußgänger und irgendwelche Karren die von Kühen, Ochsen, Kamelen oder ähnlichem gezogen werden. Nicht viel weiter oben in der Verkehrshierarchie sind die Radfahrer und Mopedfahrer anzutreffen. Danach kommen dann die Auto- und natürlich die Lastwagenfahrer. Wenn sich diese durch Hupen bemerkbar machen, hat man unverzüglich die Straße zu räumen – wirklich unverzüglich. Der Fahrer kann nicht garantieren, dass seine Bremsen auch funktionsfähig sind, auch wenn diese beim letzten Bremsvorgang nur ein klein wenig verzögert haben. Also, wenn gehupt wird, runter von der Straße.

Damit die Mopeds in der Hierarchiestufe der LKW und Auto zumindest Gehör finden, wird als erstes nach einem Mopedkauf diesem eine große Hupe angepasst. Dafür gibt es in jeder kleineren Stadt einen extra Markt für Hupen – diese können dann über Autobatterien vor Ort am Stand ausprobiert werden. Wenn man über so einen Hupenmarkt schlendert, sollte man sich am besten mit dem Gehupe arrangieren.

Ist mir mehr wie einmal passiert, dass eine wirklich groß klingende Hupe hinter mir gehupt hat, ich mich unverzüglich von der Straße begeben habe und dann ein Inder auf dem Moped oder Fahrrad (ja, kam auch ab und an vor) mit einem breiten Grinsen an mir vorbei gefahren ist. Eine Hupe ist einfach überlebenswichtig auf den indischen Straßen. Es wird den ganzen Tag von morgens 06.00 Uhr bis abends 20.00 Uhr (mindestens) gehupt.

Es gibt für jeden Vorgang auf den indischen Straßen ein Hupsignal. Wenn man erstmal damit vertraut ist, kann man die Hupsignale für – Hau ab ich komme jetzt, ich biege nach links ab, ich biege nach rechts ab, ich bremse jetzt, ich will überholen, fahr endlich los, fahr schneller, Ampel wird gleich Grün, ich will da durch, ich biege in die Straße ein, Hallo – auch unterscheiden und kann sich ohne Blinker oder Bremslichter vermeintlich sicher und flüssig auf indischen Straßen bewegen, ohne ein noch größeres Verkehrschaos zu verursachen.

Vor den Kühen und Elefanten auf den Straßen haben dann selbst die Lastwagenfahrer Respekt. Die Kühe sind heilig in Indien und die Elefanten flößen alleine wegen ihrer Größe Respekt ein. Die Kühe genießen uneingeschränkten Freiheitsstatus auf indischen Straßen. Das wissen diese auch und es ist ihnen auch anzusehen, dass sie es wissen. Sie lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen und halten ihr Wiederkäuritual auch mitten auf der Straße ab, meist liegend.

Nicht beachtet in der Verkehrshierarchie werden all die anderen, die sich auf die Straße trauen, wie – Ziegen, Schafe, Hunde, Schlangen, Leguane und all das andere Getier.

Wenn man durch ein Dorf oder auch Stadt fährt sollte ein Fuß immer auf der Bremse und ein Finger immer an der Hupe sein. Anders bei den Auto- und Lastwagenfahrern, diese hupen was das Zeug hält und fahren einfach drauflos. Hab nicht nur einmal Leute und Tiere gesehen, die sich nur noch durch einen Sprung in Sicherheit bringen konnten.

Gefährlich wird es auch, wenn man eines der Transportfahrzeuge wie LKW, Kleinbusse und Busse passieren will. Dies sollte man sich gut überlegen und nur tun, wenn man sich völlig sicher ist. Diese Transportfahrzeuge werden vollgeladen bis wirklich nichts mehr geht. Die LKW werden meist abenteuerlich hoch und ausladend geladen. Meist sitzt danach die Achse direkt am Fahrzeugrahmen auf. Stoßdämpfer, Federn oder Blattfedern sind bis zum Anschlag durchgedrückt. Gleichgewicht zu halten gelingt meist nur auf schnurgerader Straße, Kurven und Schlaglöcher sind da oft größere Hindernisse, die es zu überwinden gilt. Kommt deshalb auch vor, dass der Fahrer unvermittelt nach links oder rechts zieht, auch wenn man gerade am Überholen ist. Alles was sich hinter dem Rückspiegel abspielt, wenn denn dieser noch existent am Fahrzeug montiert ist, hat für den Fahrer keine Bedeutung.

Kleinbusse und Busse werden mit Mensch und Tier voll beladen und das Gepäck oder auch Tiere kommen auf das Dach. Da kann es schon mal vorkommen, dass einem eine oder mehrere Ziegen auf dem Dach stehend entgegen kommen. Was an Mensch und Tier nicht im Innern Platz findet, wird einfach an der Reling und außen angehängt. Wo sich Mensch außen am Bus draufstellen und festhalten kann, wird mit Wind um die Nase mitgefahren. Gibt des Öfteren deswegen Raufereien um die letzten und vermeintlich besten Plätze.

Hab mehr als einmal fast einen Herzstillstand erlitten, als bei einem Überholvorgang der Fahrer dieser Busse unvermittelt nach rechts oder links zog, um einem Schlagloch oder Stein auszuweichen. Die außen stehenden Fahrgäste sind dann immer bemüht, nicht den Halt zu verlieren und runter zu fallen – immer, oder meist, mit einem Lächeln auf den Lippen. Sie vertrauen dabei auf ihren Glauben, der ihnen ermöglicht, den heutigen Tag zu überleben.

Da sich immer alles auf einmal wie schon weiter oben beschrieben auf den indischen Straßen versammelt oder abspielt, ist es für mich immer ein kleines Abenteuer, wenn ich am jeweiligen Morgen meine Weiterfahrt antrete. Wie man sich leicht vorstellen kann, sind die Straßen meist gut frequentiert und ein Durchkommen oft auch Glücksache. Am besten geht es immer, wenn man sich der Fahrweise der Inder anpasst – was meist auch etwas Mut voraussetzt.

Denn, wer fährt schon in Deutschland - wenn er abbiegen will - mit fast gleicher Geschwindigkeit und Gehupe durch den Gegenverkehr, um auf die entsprechende Straße zu kommen. Tut man dies hier aber nicht, steht man minutenlang (und meist wird dann ein Abbiegen unmöglich) oder man verursacht ein indisches Verkehrchaos und der gesamte Verkehrsfluss kommt zum Erliegen. Rote Ampeln werden nur an großen Kreuzungen berücksichtigt, andernfalls kommt man nicht weit an dem jeweiligen Tag.

Ein lustiges Schauspiel ist es auch, wenn man an einem Bahnübergang anhalten muss. Eine heruntergelassene Schranke ist für viele Inder kein Hindernis. Was unter der Schranke noch durchgeht oder auch drüber gereicht werden kann – Fahrräder, Mopeds, Fußgänger, Lasten, kleinere Karren – wird bis kurz vor dem Passieren des Zuges noch auf die andere Seite gebracht.

Wer Pech hat und anhalten muss, ist bestrebt erstmal die gesamte Breite der kompletten Fahrbahn aufzufüllen. Das sieht dann so aus, dass sich die Fahrzeuge und Tiere auf der gesamten Fahrbahnbreite auf beiden Seiten gegenüberstehen und auf den heranfahrenden Zug warten. Werden die Schranken wieder gehoben, strebt alles aufeinander zu. Alles läuft und fährt durcheinander, ohne auf die Fahrspur zu achten. Es dauert Minuten und es wird gehupt was das Zeug hält, gestoßen, laut geredet bis sich alles wieder wie von selbst auflöst und jeder wieder in seiner richtigen Fahrspur zu finden ist.

Hab in drei Monaten Indien mehr als 10 000 km zurückgelegt, meist auf kleineren Straßen, ohne umzufallen oder einen Unfall gehabt zu haben. Was ich persönlich als Erfolg betrachte.

Mal von den kleinen Anstubsern an den Ampeln abgesehen wenn man nicht in den letzten Sekunden der Rotphase schon anfährt. Das ist das Gute am indischen Straßenverkehr, die Rot- und Grünphasen werden in Sekunden an den jeweiligen Ampelstationen angezeigt. Wenn man da nicht ein paar Sekunden früher anfährt, erhält man ab und an mal einen Schubs vom Hintermann. Meist fällt dieser aber dezent und freundlich gemeint aus.

Bevor man sich in den indischen Verkehr begibt, ist es immer lehrreich, erstmal die Einheimischen zu beobachten und sich von deren Fahrweise etwas abzuschauen.

 

Dies gilt auch für das Eisenbahn fahren, eines der billigsten Fortbewegungsmittel in Indien. Während meines erzwungenen Aufenthaltes in Bombay, um auf mein Moped zu warten, war Eisenbahn fahren eine billige Art sich fortzubewegen. Leider tun das täglich auch Millionen von Indern.

Die Waggons sind strikt nach Geschlechtern getrennt. Wobei Frauen im Männerabteil geduldet sind. Männer im Frauenabteil dagegen nicht.

Seine Fahrkarte oder Platz im Waggon zu finden, ohne dabei seine Ellenbogen zu benutzen ist dabei ein Ding der Unmöglichkeit. Oder man steht ewig am Bahnhof und wartet auf den nächsten Zug, da dann aber das Gleiche – ohne Ellenbogeneinsatz fast keine Chance, sich einen Platz zu ergattern. Will man an seiner Station aussteigen, das Gleiche in umgekehrter Reihenfolge. Seinen Weg aus den Tiefen des Waggons zu bahnen sollte man sich früh genug überlegen und angehen, ansonsten steht man eine oder mehrere Stationen weiter an einem Bahnsteig, wo man eigentlich gar nicht hinwollte.

Dafür, wie oben schon erwähnt, ist Eisenbahn fahren eines der billigsten Fortbewegungsmittel in Bombay und ganz Indien.

Sonne, Meer und das Rauschen im Ohr - das ist Goa am Agonda Beach.
Sonne, Meer und das Rauschen im Ohr - das ist Goa am Agonda Beach.

Goa – Kleinster Bundesstaat Indiens

08.03.2011

 

Goa, der Name hat auch nach der 68er Generation noch immer einen klangvollen Namen und noch immer kann man am Agonda Beach die Überreste dieser Bewegung sehen. Der Agonda Beach ist der einzige Strandabschnitt in Goa, der nicht mit kleinen Bretterbuden oder Gebäuden bebaut ist. Hier kann der individual Traveler sein Fahrzeug noch direkt am Strand mit freiem Meereszugang abstellen. Es fehlt an nichts. Wasser wird täglich angeliefert und auch der lokale Bäcker kommt täglich und verkauft seine Waren. Bier und ein kleiner fahrbarer Tante Emma Laden kommen einmal die Woche vorbei. Brauchwasser kann in nicht allzu weiter Entfernung aus einem Brunnen geschöpft werden. Der nächste Ort ist auch in ein paar Minuten zu Fuß erreichbar und bietet von einem deutschen Bäcker bis zum Gourmet Essen alles an. Meist mit freiem Blick auf den Strand und das Meer dahinter. Die ganzen Läden und Köstlichkeiten können auch über den Strand angelaufen werden.

Hier habe ich mich erstmal für elf Tage niedergelassen, meine Benzinpumpe soweit wieder abgedichtet und den Grundstein für meine Tibet- und Chinadurchquerung gelegt. Hätte leicht länger bleiben können, was viele auch getan haben. Einige blieben über Monate.

Hier trifft sich die Traveler Community mit ihren Fahrzeugen, wobei ich der Einzige mit Moped bin. Vom kleinen Auto bis zum Dreiachser ist alles da. Normalerweise dürfen keine Zelte aufgestellt werden oder nur in Verbindung mit einem Fahrzeug, Moped zählt dabei nicht. Ich helfe mir mit einem Trick und stelle mein Zelt in die Nähe von Peters Kombi auf, nachdem mir dieser den Vorschlag unterbreitet hat.

Der Strand wird von einem einheimischen Inder bewacht und abends mit einem Holzstock in der Hand abgelaufen. Dafür wird ein kleiner Obolus fällig, pro Fahrzeug in etwa 3.50 Euro pro Tag, bei mir ist er mit etwa einem Euro zufrieden – hab halt mal nur zwei Räder.

Während meiner Zeit hier komme ich auch in den Genuss für zwei Tage eine 500 ccm Royal Entfield zu fahren. Kann dies nur jedem empfehlen. Eine Royal Entfield gehört zu Indien wie die Löcher zum Schweizer Käse oder zwei Räder zum Moped. Old fashion, mal wieder ein Moped ankicken, zuvor den Zündpunkt „erfühlen“. Dämpfung? Ich sag`s mal so, entgegen meinem Moped habe ich das Gefühl, es haut mir jeden Kieselstein, den ich überfahre, ungebremst ins Kreuz. Aber das sei einer Royal Entfield verziehen, wird sie doch seit fast vierzig Jahren unverändert hergestellt, auch der Motor. Hab die zwei Tage mit der Royal Entfield sehr genossen und auch mehr wie einen Tank leer gefahren.

Als alles erledigt ist, Benzinpumpe soweit es geht wieder abgedichtet, die Durchfahrung von Tibet und China mit Frank und Martin abgeklärt und die benötigten Papiere eingereicht, mache ich mich auf den Weg, mein Visum für Indien abzufahren.

Schlaue Tiere hat es auch in Indien.
Schlaue Tiere hat es auch in Indien.

Mumbai / Bombay

24.02.2011

 

Wie sich herausstellt, wird mein Aufenthalt in Bombay etwas länger als geplant ausfallen. Mein Moped hat die Kreuzfahrt genossen und war erheblich länger unterwegs als vereinbart. Dafür ist die Wiedersehensfreude umso größer.

Da sitze ich nun in Bombay, raufe mir die Haare und willam liebsten unserem Verantwortlichen für die Verschiffung, Shafi, alles Mögliche antun. Geht aber nicht, wenn man selbst in Bombay sitzt und die andere Person in Dubai. Also erstmal „runterkommen“ und schauen, was in Bombay so alles los ist. Zimmer habe ich ja jetzt zu einem annehmbaren Preis. Die ersten Tage sehe ich mir etwas die nähere Umgebung an und entdecke dabei mein Stammfrühstücksladen für meine Tage in Bombay. Naan Brot mit Käse gefüllt und Tee mit Gewürzen wird mein bevorzugtes Frühstück.

Mal wieder ein Buch lesen, geht es mir durch den Kopf und so unterziehe ich den kleinen Buchläden entlang der Straßen eine intensive Besichtigung. Mich mit den Verkäufern unterhalten, was denn für ein Buch in Indien im Moment angesagt ist und, wenn möglich, auch Bombay eventuell Erwähnung findet. Einhellige Meinung verschiedener Verkäufer, Shantaram von Gregory David Roberts – ein über 1 000 Seiten starker Wälzer mit einer Handlung überwiegend in Bombay. Anfangs hat mich die Seitenzahl abgeschreckt. Habe in den folgenden Tagen immer mal wieder ein paar Zeilen in dem Buch gelesen und es schlussendlich auch gekauft – sollte dies nicht bereuen.

Viele der im Buch beschriebenen Plätze und Häuser sind in Bombay existent und sind in dem Buch ziemlich genau beschrieben. Man kann dies so verstehen, dass das Buch das Bombay der 80er Jahre beschreibt, was wiederum bedeuten würde, es hat sich nicht viel verändert in den letzten 30 Jahren – was ich wiederum gut finde. Während der Tage, in denen ich das Buch verschlinge, habe ich mich immer wieder aufgemacht, diese Plätze und Häuser zu besichtigen und bekomme so einen tieferen Einblick in die Rastlosigkeit der Stadt.

In Bombay ist immer was los. 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. Bemerkenswert ist für mich dabei, wie die Leute auf engstem Raum, mit den verschiedensten Religionszugehörigkeiten, größter Armut und Reichtum, so relativ friedlich miteinander auskommen. Habe mir des Öfteren versucht vorzustellen, ob dies auch möglich wäre mit der gleichen Anzahl Europäer auf so engem Raum. Nachdem ich die vielen Touristen und deren Verhaltensweisen in einer für sie fremden Stadt gesehen habe kam ich zu dem Schluss – es ist nicht möglich. Der Neidfaktor wäre einfach zu groß.

Dass die ganze Stadt und deren Bewohner auch große Tierliebhaber sind, kann man jeden Tag auf den Straßen und im Besonderen jede Nacht vor den Häusern sehen. Die Kühe haben da Sonderstatus. Heilig im Ansehen kann man den Kühen ansehen, dass sie das in den vergangenen Jahrzehnten begriffen haben. Sie lassen sich durch nichts und niemanden aus der Ruhe bringen. Liegen wiederkäuend auf der Straße und vergessen alles um sich herum. Wenn man an einer mehrspurigen Straße in Bombay auf die andere Seite gelangen möchte und das auch noch gefahrlos, sucht man sich eine Kuh in der Nähe, versucht diese mit leichtem Druck die Straße überqueren zu lassen und folgt dieser an der Seite. Viele Inder gehen genau so vor und von mehreren Indern habe ich diesen Tipp bekommen. Habe es ausprobiert und muss sagen, es funktioniert gut, wenn auch die Leute etwas schauen wenn ein Tourist `ne Kuh über die Straße geleitet.

Dass Ratten eine intelligente Art sind, konnte ich in Bombay beobachten. An einem Nachmittag stellte ich mich mit meinem Fotoapparat an einen Zebrastreifen und fotografierte. Ein paar Inder wurden mit der Zeit auf mich aufmerksam und fingen ein Gespräch an. Wir unterhielten uns so und ab und an machte ich ein Foto von den Leuten, die den Zebrastreifen benutzten.

Dann, ich traute meinen Augen nicht, kam eine Ratte hinter unserem Rücken hervor und lief über den Zebrastreifen. Zwischen den Leuten und den Fahrzeugen (und zum Teil unter den Fahrzeugen) hindurch auf die andere Seite. Die Leute, die die Ratte sahen, stießen zum Teil einen leisen Schrei aus und machten einen Sprung zur Seite, ließen die Ratte aber gewähren. Nun muss man wissen, dass die Ratte in Indien auch einen heiligen Status besitzt. In manchen Bundesstaaten wurde ihnen sogar extra ein Tempel gebaut, in dem sie dann ungestört zu Tausenden hausen dürfen. Es gilt als ausgesprochenes Glücksymbol, eine weiße Ratte zu Gesicht zu bekommen. Wie dem auch sei, die Ratte überquerte an einem Zebrastreifen mitten in Bombay eine überfüllte Straße, ohne den Tod gefunden zu haben.

Abends, wenn ich vor dem Hostel sitze und mich meinem Buch widme, sehe und höre ich immer Ratten auf der Straße und um die Häuser herum. Die sind so zutraulich, dass sie nach ein paar Tagen sogar um meine Füße herumspazieren. Dass die Ratten wissen, dass ihnen nichts Böses angetan wird, kann man ihnen förmlich ansehen.

War Bombay für mich zu Anfang noch gewöhnungsbedürftig, ändert sich dies, während ich mein Buch lese und die Leute in den von mir bevorzugten Läden und der Umgebung des Hostels mir gegenüber „wärmer“ werden. Durch meine lange Präsenz werde ich nicht mehr so als Tourist angesehen und weitestgehend in Ruhe gelassen und auch nicht mehr so oft angesprochen.

Normalerweise wird man ständig und überall auf den Straßen angesprochen und es wird versucht, einem etwas anzudrehen. ALLES, wirklich alles wird angeboten, unter Anderem auch Hasch oder Gras. Als mir mal wieder so ein kleiner Inder auf den Fersen ist und unbedingt Hasch verkaufen will - er mir dermaßen auf den Senkel geht und sich partout nicht abwimmeln lässt - drehe ich mich um und meine „OK, ein Kilo, wie viel?“ Dachte er versteht den Witz. Aber weit gefehlt, er hält kurz inne und meint, „Warte einen Moment, da muss ich fragen.“ Ich warte also und nach ein paar Minuten kommt er wirklich zurück und nennt mir einen Preis. Ich sage nur, viel zu teuer und mache ihm klar, mir kein weiteres Angebot zu unterbreiten. Dass er oder auch die vielen tausend Anderen auch mal was verkaufen, kann man jeden Tag zu jeder Zeit am Straßenrand sehen. Gibt halt doch noch dermaßen viele Touristen, die dem Traum der 68er Bewegung nacheifern und extra dafür nach Indien kommen. Auch viele, die wirklich mit der 68er Bewegung nach Indien gekommen und hier hängen geblieben sind, sieht man täglich auf Bombays Straßen.

Dhobi Ghat ist auch ein Viertel in Bombay, wo ich an mehren Tagen anzufinden bin. Dabei handelt es sich um die „Waschküche“ Bombays. Hier wird 80 Prozent der Wäsche der Hotels, Hostels und anderen Unterkünften gewaschen. Wenn man also seine Klamotten zum Waschen im Hotel abgibt, kann man sich sicher sein, diese in Dhobi Ghat zum Waschen wieder zu finden. Tausende von Arbeitern waschen in Steinbecken die Wäsche in einer Seifenlauge. Hunderte Steinbecken auf engstem Raum und dazwischen jonglieren die Leute mit den riesigen Wäschebündeln. Bringen Wäsche zum Waschen oder liefern diese wieder aus. Es gibt auch einen Film darüber den ich nur wärmstens empfehlen kann, er heißt genau so wie das Viertel „Dhobi Ghat“. Habe den Film in Bombay im Kino gesehen. Der Film zeigt ziemlich authentisch die Lebensweise der Arbeiter dort. Also anschauen, Empfehlung von mir.

Wie die Leute unter tausenden von Jeanshosen, Hemden und T-shirts, Bettlaken und Bettwäsche die entsprechende wieder finden und diese auch wieder den richtigen Häusern ausliefern, war mir zu Anfang ein Rätsel. Aber hier zeigt sich mal wieder, dass Improvisation nicht ausgestorben ist. Jedes Haus oder Hotel hat eine eigene Nummer. In Dhobi Ghat hat jeder Wäscher seine „Häuser“ für die er wäscht. Diese „Nummern“ werden vererbt oder einem Nachfolger übergeben. Werden die Wäscheballen wieder in die entsprechenden Häuser ausgeliefert, werden von dem Hotel die Kleider dem jeweiligen Gast mittels einer Nummer, die bei Kleiderabgabe in die Kleider eingesteckt wurde, wieder zugeführt. Laut den Leuten mit denen ich geredet habe, kommt es nie oder nur selten zu einer Verwechslung.

Zu meinem Glück, oder sollte ich sagen zu meinem Unglück, bin ich in der Zeit der Cricket Weltmeisterschaft, die in Indien ausgetragen wird, in Bombay. Das Endspiel findet im Stadium in Bombay statt – zu diesem Zeitpunkt bin ich aber nicht mehr in Bombay. Trotzdem bekomme ich so einen gratis Kurs verpasst, indem mir die mir bis dahin unverständlichen Regeln eines Cricketspieles näher gebracht werden. Bin ehrlich, auch nachdem ich jetzt eine kleine Ahnung habe, wie so ein Spiel abläuft, ist es für mich nicht wirklich spannender, wenn jetzt im Fernsehen ein Cricketspiel läuft.

Hab eine Sportbar in der Nähe meines Hostels ausfindig gemacht. Der Sport in der Bar beschränkt sich allerdings darauf, diesem an den diversen Bildschirmen, die überall an den Wänden hängen, zuzuschauen und dabei das eine und andere Bier genießen – zur Zeit läuft natürlich vor allem Cricket während der Weltmeisterschaft.

Sitze also an diversen Tagen an der Bar der Sportbar und bekomme von den Indern, die mit mir ein Spiel am Bildschirm verfolgen, ein gratis Statement zu jedem Spielzug und zu jedem Spieler der jeweiligen Mannschaft, Neuseeländern, Engländern, Australiern, Ceylonesen. Auch die Regeln versuchen mir die Leute zu erklären. Diese jetzt hier aufzuzählen würde allerdings etwas den Rahmen sprengen und ich glaube, es würde Euch auch nicht wirklich interessieren, oder etwa doch?

Kuriosum am Rande, das Spiel wurde von den Engländern erfunden und dann auch in ihre Territorien exportiert. Die Engländer konnten aber noch nie den Weltmeistertitel erringen seit es diese Weltmeisterschaft gibt. Naja, die paar Engländer und die Milliarde Inder, da ist es auch schwer.

Die Inder haben es wirklich geschafft in ihrem Land Weltmeister im Cricket zu werden. Man kann sich ungefähr vorstellen, was da in Bombay, der Stadt in dem das Endspiel ausgetragen wurde, los war. Was dagegen im Stadion los war kann man sich als nicht Inder nicht vorstellen. Die Karten wurden auf dem Schwarzmarkt für hunderte von Dollars gehandelt (ein utopischer Preis für etwa 80 Prozent der Inder) und waren in aller Kürze ausverkauft.

Ich habe wirklich viel gesehen und gelernt auf den Straßen Bombays und habe dies auch schamlos genossen. Die 21 Tage in Bombay kamen mir dadurch nicht mehr so lange vor.

Inder lieben auslaendische Mopeds.
Inder lieben auslaendische Mopeds.

Menschenauflauf – die Benzinpumpe war´s

11.02.2011

 

Nach 24 Tagen dürfen Dylan und ich endlich wieder unsere Mopeds in Empfang nehmen. Bombay ist durch eine Bucht getrennt und der Containerhafen befindet sich auf der anderen Seite der Bucht. Während wir für den Papierkram mit unserem Agenten Ali mit einem Schiff auf die andere Seite gelangt sind, müssen wir auf der Rückfahrt zum Hostel die gesamte Bucht umfahren. Dies sind in etwa 60 km und kann Stunden in Anspruch nehmen, je nach Verkehr.

Wir fahren gegen Mittag gerade in den Großraum Bombay ein, als ich auf meinem Moped etwas unruhig werde. Mir scheint, dass mein Moped nicht so richtig läuft. Irgendwie kommt es nicht so recht auf Drehzahlen und während der Rotphasen der Ampeln geht immer der Motor aus. Starten ist dann auch immer nur schwer möglich.

Wir halten an der nächstmöglichen Tankstelle, Dylan muss tanken - ich denke, meine Tankfüllung von Dubai reicht noch bis zum Hostel und tanke erstmal nicht. Wir bekommen so einen ersten Eindruck über die Mopedversessenheit der Inder. Unsere Mopeds sind in kürzester Zeit von Leuten umringt, kein Platz mehr, um an das Moped zu gelangen, ohne vorher mit sanftem Druck und einem Lächeln ein paar Leute zur Seite zu schieben.

Dylan möchte an einem Schlüsselladen vorbei, um seine Mopedschlüssel nachmachen zu lassen, hat ja jetzt keine mehr. Die Adresse haben wir von unserem Agenten Ali. Er hat Dylan einen Shop empfohlen, der auch ohne einen vorhandenen Schlüssel einen nachmachen können sollte.

Wir kämpfen uns durch den Straßenverkehr und kommen meist nur schrittweise voran. Ständig was los auf der Straße. Schlussendlich stehen wir mit unseren Mopeds vor dem Schlüsselladen nahe einem Kreisverkehr. Schon beim Abstellen der Mopeds kommt es zu einem mittleren Auflauf von Menschenmassen – habe noch nie so viele Menschen in so kurzer Zeit um mein Moped herum stehen sehen. Obwohl Dylan sein Moped nur etwa 1.50 m von mir entfernt abstellt, kann ich ihn in der Menschenmasse nicht mehr sehen. Wir gehen zum Schlüsselladen und erkundigen uns nach dem Eigentümer. Schnell stellt sich heraus, dass er erst einen Rohling ordern muss, um den Schlüssel nachzumachen. Wir verabreden uns für den nächsten Tag und verabschieden uns. Dylan schmeißt sein Moped an, dreht sich noch kurz zu mir um, und fährt los. Bei mir - nichts. Mein Moped lässt sich einfach nicht mehr zum Weiterfahren bewegen. Der Motor macht bei jedem Startversuch ein paar Umdrehungen und das war es dann. Mitten in Bombay, nahe einem Kreisverkehr, nimmt das Chaos seinen Lauf.

Dylan kann sich gerade noch den Weg zurück zu mir bahnen. Erkläre ihm was los ist und er macht einen Startversuch. Moped läuft, steige auf und will gerade losfahren, als es wieder seinen Dienst einstellt. Dieses Mal geht wirklich nichts mehr. Ein paar Umdrehungen und das war es dann.

Im null Komma nichts sind wir von hunderten von Leuten umstellt. Viele machen Fotos mit ihrem Handy oder dem Fotoapparat. Leute überall auf der Straße, Autos hupen und wollen weiterfahren. Nichts geht mehr, alles steht und wir mittendrin. Kann nicht mal mehr vom Moped steigen, so dicht stehen die Leute um mich herum. Versuche noch verzweifelt ein paar Startversuche, aber inzwischen ist es auf der Straße so laut geworden, dass ich fast schon nicht mehr den Motor höre. So langsam steigt etwas Verzweiflung und auch Panik in mir hoch. Stoße erst mal die unmittelbar um mich herum stehenden, schreienden und schubsenden Leute ziemlich rüde zurück, um von meinem Moped absteigen zu können.

Versuche eine Fehlersuche am Moped zu starten, keine Chance. Sobald ich mich bücke oder um mein Moped herum gehe, habe ich unzählige Leute unmittelbar um mich herum. Weiß in diesem Moment wirklich nicht, was ich machen kann oder soll. Auch der Eigentümer vom Schlüsselladen kann mir nicht wirklich helfen, geschweige denn die Masse der Leute beruhigen. Im Gegenteil, es kommen immer mehr Leute um und in den Kreisverkehr und das Gehupe wird so langsam auch unerträglich. Das Schreien um mich herum nimmt immer mehr zu und ist fast schon hysterisch.

Und wie aus dem Nichts stehen auf einmal zwei Polizisten vor mir. Mit ihren Schlagstöcken haben sie sich zu uns durchgeschlagen. Fragen uns, warum wir hier am Kreisverkehr stehen und dass das so nicht geht. Ich erkläre ihnen die Umstände.

Die Polizisten erklären uns, dass die Mopeds von der Straße müssten. Der gesamte Verkehr in der Umgebung kam durch uns, respektive mir, zum Erliegen. Die Leute stehen bis weit in die Straßen hinein und wollen unsere Mopeds sehen oder zumindest wissen, was da los ist, warum so viele Leute auf der Straße sind. Dass unsere Mopeds von der Straße müssen, können sogar wir inzwischen nachvollziehen, bloß wohin mit ihnen. Mein Moped startet nicht und so einfach irgendwohin schieben geht bei den Massen nicht! Allein das Zurückgehen zu meinem Moped erfordert fast schon eine Kampfausbildung und ist ohne rüde zu drücken und zu schieben nicht machbar. Dylan gelingt es noch kurz mein Moped zu starten, nach ein paar Umdrehungen stirbt der Motor aber wieder ab.

Genau in diesem Moment erscheint Mahendra Jain (Ankit) auf der Bildfläche und erkundigt sich bei den Polizisten über den Menschenauflauf. Da sein Geschäft mit einem kleinen Hinterhof schräg gegenüber liegt, bietet er an, mein Moped dahin zu schieben. Dylan hat noch was anderes vor und da er im Moment eh nicht helfen kann verabschiedet er sich vorübergehend, will aber später noch einmal vorbei kommen. Er markiert sich die Adresse im GPS und ist verschwunden.

Die zwei Polizisten prügeln mir den Weg soweit frei, dass ich mein Moped auf den Hinterhof von Mahendras Geschäft – ein Nähmaschinenreparatur- und Nähmaschinengebrauchtimportladen – schieben kann. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass der Hinterhof in Sekunden mit Leuten voll war, ich und mein Moped mitten drin.

Mahendra zieht mich aus dem Hof und fragt, ob irgendwas am Moped wäre, das ich unbedingt an mich nehmen wollte. Ansonsten würde er mich auf einen Tee einladen und die Sache erstmal auf sich beruhen lassen. Wir können im Moment eh nichts machen mit den ganzen Leuten drum herum. Ich kann alles soweit am Moped lassen, die Leute würden nichts mitnehmen – es steht auf seinem Gelände und damit unter seiner Obhut.

Mahendra lädt mich in der Nähe zu einem Tee ein und erkundigt sich über meine Tour und die Erlebnisse darüber. Wir gehen noch in seinem Laden vorbei und er stellt mir seine Angestellten vor. Werfe immer mal wieder einen Blick auf mein Moped im Innenhof, aber sobald die Leute mich erblicken füllt sich dieser wieder in Sekundenschnelle.

Schaue mir etwas die Umgebung an und am späten Nachmittag kann ich mich mit relativ wenig indischen Landsleuten um mich herum an die Fehlersuche am Moped begeben. Immer ein paar helfende Hände und Köpfe in unmittelbarer Nähe, sobald ich mich irgendwie dem Moped nähere.

Zündung ein, Anlasser drücken – Motor dreht, springt aber nicht an. Nach mehrmaliger erfolgloser Wiederholung der Prozedur kommt mir der Gedanke an das Benzin. Kein Benzin? Öffne den Tank und versuche durch abklopfen den Füllstand zu erahnen. Hört sich leer an, verfluche mich schon, warum ich nicht mit Dylan zusammen vorher getankt habe. Ein Inder auf seiner Maschine erklärt sich bereit fünf Liter Sprit zu organisieren. Gebe ihm etwas Geld und kurze Zeit später steht er mit den fünf Litern wieder im Hof. Die fünf Liter Sprit finden nicht alle Platz im Tank – freut den Inder, so bekommt er eine Extraportion Sprit umsonst. Mich freut es nicht, denn so kann es also nicht an zu wenig Sprit gelegen haben.

Durch die weiteren erfolglosen Startversuche ist auch irgendwann meine Batterie am Ende. Ich finde das nicht komisch, die Inder umso mehr – Unterhaltungskino vom feinsten für die Leute. Sie zeigen mir aber auch durch Gesten und gebrochenes Englisch, dass dies kein großes Problem darstellt, da sich etwas weiter ein Batteriefachgeschäft befindet und dieses meiner Batterie wieder Leben einhauchen kann.

Inzwischen haben sich fünf indische Landsleute als kleine Hilfe für mich hervor getan. Diese halten die anderen etwas weiter auf Abstand und stehen mir auch mit Rat und Tat zur Seite. So auch dieses Mal, sie organisieren ein Moped samt Fahrer, der mich mit ausgebauter Batterie zum Fachgeschäft bringt, dort mein Problem erläutert, wartet und mich wieder zurückbringt zu dem Innenhof mit den Leuten und meinem Moped.

Das Batteriefachgeschäft hat ganze Arbeit geleistet und meine Batterie tut wieder seine Arbeit, wenn auch nur für kurze Zeit. Wieder leer georgelt mit all den erfolglosen Startversuchen. Also, wieder zum Batteriefachgeschäft, gleiche Prozedur – Funktion überprüfen, laden – nochmal von vorne und zurück zum Moped.

Diesmal kommt ein Batteriefachmann mit und hat auch eine Autobatterie mit auf seinem Moped. Der Laden schließt gleich, ist auch schon am Dunkel werden, und wenn sich mein Moped mit der Autobatterie nicht starten lässt, liegt es zumindest nicht an der Batterie.

Kurzum, auch mit der Autobatterie dreht zwar der Motor munter seine Umdrehungen, der Funken springt aber partout nicht über. Zündkerzen sind zu dem Zeitpunkt auch schon mehrmals ausgebaut, überprüft, getauscht und gereinigt worden. Daran liegt es also auch nicht. Der Batteriefachmann gibt nach ein paar Startversuchen auf, packt seinen Schraubenzieher wieder ein und verabschiedet sich in die Nacht.

Dylan ist inzwischen auch wieder vorbeigekommen. Erkläre ihm den Sachverhalt und da er im Moment nicht wirklich helfen kann verabreden wir uns für den Abend am Hostel.

Da stehe ich nun mit meinen fünf Helferlein im Dunkeln und suche nach einem Ausweg. Weitere Startversuche will ich zum Schutz der Batterie nicht mehr unternehmen. Die Fünf organisieren ein motorisiertes Dreirad mit Pritsche, auf der mein Moped Platz findet, verhandeln in meinem Namen den Preis, um mich und mein Moped zum Hostel zurück zu bringen und lassen es sich auch nicht nehmen mitzukommen.

Problem nur, wie zum Hostel kommen wenn man, also ich, die Adresse nicht weiß und auch keine Telefonnummer hat, um da anzurufen. Die Lösung, meine fünf Inder lassen sich von mir die Umgebung beschreiben und wir fahren einfach mal drauflos. Wir sechs auf der Ladefläche bei meinem Moped, immer wieder Anweisungen zum Fahrer rufend wenn ich mich an einen Fixpunkt der Umgebung erinnere und eine Richtungsänderung ansteht. Bekomme so einen kleinen Einblick in die Fahrweise der Inder, an der ich später auch Gefallen finden sollte – oder besser gesagt ohne diese Fahrweise kommt man im indischen Straßenverkehr mehr schlecht als recht voran.

Auf jeden Fall stehe ich gegen 23.00 Uhr mit den fünf Helfern und meinem Moped glücklich vor dem Hostel. Moped ist schnell abgeladen und vor meinem Fenster am Hostel abgestellt. Bezahle den ausgemachten Obolus an den Fahrer und mit diesem und den Fünfen geht es noch zum Tee trinken und Naan – indisches Brot – essen am Straßenrand. Danach verabschieden sich die fünf Inder und der Fahrer, nicht ohne mir vorher noch ihre Telefonnummern zu geben, um sie im Falle benötigter Hilfe oder Vermittlung jederzeit anrufen zu können.

Etwas erledigt stehe ich schlussendlich vor meinem Moped, immer noch nicht wissend was denn die Ursache der Arbeitsverweigerung ist. OK, erstmal die Sache auf sich beruhen lassen und eine Nacht drüber schlafen – soll helfen, habe ich mir sagen lassen.

Nach einer nicht so erfolgreich mit Schlaf verbrachten Nacht stehe ich schon früh am Morgen vor meinem Moped und führe meine Fehlersuche fort. Benzinleitungen frei und nicht verstopft, Luftfilter sauber, Elektronik – soweit ich das beurteilen kann – in Ordnung. Dylan kommt dazu. Besprechen alles nochmals. Zündung aus, wieder ein, Startversuch, nix. Zündung wieder aus, wieder ein und da fällt Dylan das Fehlen des Geräusches, das die elektronisch gesteuerte Benzinpumpe beim Einschalten der Zündung machen sollte, auf.

Sitzbank abgebaut, Stecker zur Benzinpumpe versuchen abzuziehen. Geht nicht, auch nicht mit etwas mehr Anstrengung. Nach etwas genauerem Hinsehen sieht man, dass der Stecker total verschmolzen mit der Buchse ist. Mit roher Gewalt ist der Stecker wenig später von der Buchse getrennt und man kann sehen, dass dieser durch die Verschmelzung keinen Kontakt mehr zur Buchse hat.

Also, Kabel abgezwackt, zusammen getüttelt, Zündung ein – Geräusch der Benzinpumpe ist deutlich zu hören – Anlasser gedrückt und siehe da, Moped springt sofort an und läuft wie es sich gehört. Problem gefunden aber noch nicht gelöst.

Dylan und ich überbrücken die Kabel der Benzinpumpe, in dem wir mit einer erhitzten Nadel ein kleines Loch in den Deckel an der Benzinpumpe zum Tank schmelzen und die Kabel direkt verbinden. Das Loch dichten wir, nach dem Durchführen der Kabel, mit einem Zweikomponentenkleber ab. Nach der Austrocknung des Klebers baue ich wieder alles zusammen und alles funktioniert so wie es soll.

Ein kleines Problem bleibt. Sobald ich den Original- und Zusatztank voll tanke, hält der Kleber am Deckel der Benzinpumpe dem Druck nicht ganz dicht und leckt etwas. In Agonda nehme ich mir die Sache nochmals vor, bekomme auch das Loch dicht – aber jetzt leckt der Sprit durch die Kapilarwirkung durch die Kabel etwas. Komme um Ersatz wohl nicht herum. Telefoniere mit Herbert in Deutschland und dieser erklärt mir erstmal, dass ich den Deckel als Einzelteil nicht kaufen kann und ich wohl in die komplette Pumpeneinheit investieren muss – in etwa 300 Euro. Gebraucht ist diese nicht auf dem Markt, da die Herstellung meines Mopedmodells nach zwei Jahren der Produktion von BMW-Motorrad 2009 wieder eingestellt wurde – warum auch immer.

Mache es zum Abschluss kurz. Hab mir die Pumpeneinheit von Herbert besorgen und nach Nepal zu einem Kollegen schicken lassen. Dort die Benzinpumpeneinheit ausgetauscht und alles läuft wieder wie es soll. Mein erstes ernsthaftes Mopedproblem auf meiner Tour nach etwa 47 000 km war hiermit erfolgreich gelöst und der weiteren Fahrt Süd-Ost stand nun nichts mehr im Wege.

Glaubt mir, ist wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag zusammen.
Glaubt mir, ist wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag zusammen.

Ankommen dauert etwas länger

02.02.2011

 

Ankommen dauert etwas länger, wobei nicht der Flieger gemeint ist. Dylan und ich warten geschlagene 24 Tage auf unsere Mopeds. THOMSUM MERCANTILE & MARINE LLC, P.O.Box 6419, Dubai, UAE und da im besonderen Shafi, spielen ein wenig Katz und Maus mit ihren Kunden – also uns. Unsere Geduld wird auf eine harte Probe gestellt.

Aber alles der Reihe nach. Der Flieger landet um 04.30 Uhr Ortszeit in Mumbai. Etwas übermüdet stehen wir kurze Zeit später vor dem Flughafengebäude und mitten in Indien. Wir sind sofort umgeben von Leuten, die uns Touris etwas anbieten wollen – Taxi, Rikscha, Touren, Hotel, was zum Rauchen und noch vieles mehr.

Wir picken eine Person heraus, erklären wo wir hin wollen in Bombay, bezahlen am Taxistand für das Taxi, ein Fahrer wird uns zugewiesen, wir fallen übermüdet auf die Rückbank und los geht es. Man muss sich echt an die Fahrweise der Inder gewöhnen. Schiebe das Schlangenlinien fahren und schneiden der anderen Verkehrsteilnehmer auf eine ausgeschlagene Lenksäule und das Alter unseres Taxis. Aber bei etwas genauerem Beobachten fällt mir das gelegentliche „Kopfnicken“ des Fahrers auf. Dieser ist auch übermüdet und fällt immer mal wieder in einen Sekundenschlaf, hoffentlich geht das gut – fährt es mir noch durch den Kopf. Und etwa 200 m vor unserem ausgesuchten Hostel passiert es. Unser Fahrer biegt in die Straße ein, achtet nicht auf den Verkehr auf der rechten Fahrbahn und fährt einem anderen Auto direkt in den vorderen Kotflügel. Alles steigt aus und redet durcheinander. Der Schaden wird begutachtet und von unserem Fahrer als für nicht weiter schlimm bewertet, und er gibt uns zu verstehen wieder einzusteigen. Er fährt ungerührt weiter bis zu unserem Hostel. Dort angekommen bezahlen wir unseren vereinbarten Preis und werden zum ersten, aber bestimmt nicht zum letzten Mal mit traurigen Augen angesehen und so mit einem „Dackelblick“ auf das erwartete Trinkgeld aufmerksam gemacht. OK, wir geben nach und machen unser „Tip“.

Inzwischen sind die anderen Leute, die in den kleinen Unfall involviert waren, ebenfalls vor unserem Hostel angekommen – diesmal werden alle Fluchtwege für unseren Fahrer abgeschnitten und lautstark über den entstandenen Schaden verhandelt. In Sekundenschnelle füllt sich die Straße. So sieht also ein indisches Verkehrschaos aus, es wird gehupt, laut gerufen, wild gestikuliert und auch kleine Stöße bleiben nicht aus.

Irgendwann nach einer gefühlten Ewigkeit wird der Geräuschpegel etwas leiser und die Leute beginnen sich unter leisem Protest wieder ihren eigentlichen Aufgaben zu widmen. Scheint sich alles irgendwie geregelt zu haben. Wir machen uns auf in der Straße nach einer für uns geeigneten Unterkunft Ausschau zu halten. Werden an den ersten Hostels aber enttäuscht, alles ausgebucht und die Leute machen uns wenig Hoffnung in der Gegend ein billiges Zimmer zu finden. Nach ein paar weiteren Versuchen werden wir aber fündig. Eckzimmer, direkt neben dem Eingang und mit drei nach außen gehenden Fenstern – was hier in Indien äußerst selten der Fall ist. Meist kann man die billigen Zimmer mit einem etwas größeren Sarg vergleichen – Zimmer kaum größer als das Bett, mit etwas Glück hat man irgendwo einen Ventilator stehen oder hängen, keine Fenster. Toilette und Dusche sind gerade noch so im annehmbaren Bereich. Etwa sechs Euro die Nacht. Fünf Minuten zum Gateway of India und dem berühmten Taj Mahal Hotel. Entschließe mich, hier Quartier zu nehmen bis ich mein Moped auf indischen Straßen bewegen darf. Soll ja in sechs Tagen hier sein.

Und genau hier nimmt das Verschiffungsdrama Indien seinen Lauf. Aus den versprochenen sechs Tagen wurden 21 Tage Wartezeit plus vier Tage Auslösung aus dem Hafen. Aber von Anfang an.

Mr. Shafi, ich nenne ihn im Folgenden respektlos Shafi, ist der springende Punkt und Verantwortliche, warum Dylan und mir in den folgenden Wochen immer mehr der Hals schwillt. Shafi hält sich zuallererst nicht an die Versprechungen, die er uns gegeben hat. Man sollte nicht damit rechnen, dass Shafi sich bemüht telefonisch mit den Kunden in Kontakt zu treten, um den Stand der Dinge weiter zu geben – zumindest nicht mit uns.

Nach sechs Tagen in Bombay rufe ich Shafi an und erkundige mich nach dem Carnet de Passage, das er nach der von mir genannten DHL Adresse in der Nähe meines Hostels schicken wollte. Shafi gibt mir zu verstehen, dass das Carnet noch nicht ausgestempelt ist und er mir Bescheid geben will, wenn er dieses in Dubai wegschickt. Ergo, Moped noch immer in Dubai und noch nicht auf See. Nach weiteren vier Tagen rufe ich Shafi wieder an und er versichert mir, das Carnet abgeschickt zu haben – vor zwei Tagen. Er schickt mir die Daten per Email und dabei stellt sich heraus, dass er nicht mit DHL – wie vereinbart – verschickt hat. Erkundige mich nach dem von Shafi benutzten Kurierdienst und finde heraus, ich muss durch halb Bombay fahren, um zum nächst gelegenen Büro dieses Kurierdienstes zu gelangen – diese Fahrt war ein Abenteuer für sich. Öffne den Umschlag mit den Papieren und stelle fest, unsere Mopedschlüssel sind nicht wie versprochen dabei. Rufe Shafi an und er versichert mir die Schlüssel sind bei den Mopeds.

Nach 12 Tagen rufe ich Shafi abermals an um zu erfahren, wann denn unsere Mopeds in Bombay ankommen sollen. 19. Januar so seine Antwort – mein Hals fängt schon an leicht zu schwellen. Ankunft der Mopeds also 13 Tage später wie zu Anfang versprochen – letztendlich kommen die Mopeds am 21. Januar in Bombay an. Wir kontaktieren den von Shafi empfohlenen Kontakt in Bombay – ohne Agent darf hier niemand zu den Containerterminals. Sind mit dem Zug über eine Stunde unterwegs, um an das Büro zu gelangen, geben unsere Papiere bei der Empfangsdame ab und werden auf den übernächsten Tag vertröstet. Rufen an, nichts hat sich getan. Auf unsere Frage, ob sie denn Erfahrung haben mit dem Umgang des Carnet de Passage, wird wenigstens ehrlicherweise geantwortet – nicht wirklich. Hals schwillt etwas stärker.

Wir recherchieren im Internet und finden Ali Merchant. Treffen uns mit Ali am nächsten Tag in seinem Büro und werden über den bevorstehenden Ablauf, um unsere Mopeds aus dem Zoll zu bekommen, aufgeklärt. Zuvor hat sich Ali unsere Papiere angeschaut und sich am Containerhafen über unsere Kisten informiert.

Erstmal fällt eine Strafgebühr an, weil unsere Kisten schon tagelang am Gelände stehen. Weiter klärt uns Ali auf, dass die Containerreinigung voll auf unsere Kosten geht, obwohl dieser mit anderen geteilt wurde. Verantwortlich dafür ist die Art, wie Shafi den Inhalt im Container berechnet hat. Wir könnten dagegen angehen, Ali kann aber erst den Prozess der Auslösung unserer Kisten beginnen, wenn die Containerreinigung bezahlt ist oder eine Einigung erzielt wurde. Dies kann sich tagelang hinziehen, was sich letztendlich wieder in einer Gebühr pro Tag niederschlägt, solange unsere Kisten am Containerhafen stehen.

Wenn wir uns bereit erklären die Kosten der Reinigung zu übernehmen, kann Ali den Prozess heute beginnen und in etwa drei Tagen abschließen. Hals schwillt weiter an. Zähneknirschend erklären wir uns letztendlich bereit die Kosten zu übernehmen, um unsere Mopeds sobald wie möglich wieder in Empfang nehmen zu dürfen. Bin mit Ali in den folgenden Tagen im Containerhafen unterwegs und bekomme so ein wenig Einblick in den Ablauf der Prozedur.

Morgens mit der Fähre vom Gateway of India übersetzen zum Containerhafen, dauert in etwa eine Stunde. Check am Tor zum Gelände, Fotoapparate sind verboten. Mit einem Bus, Fahrzeit etwa 30 Minuten, geht es dann zu den entsprechenden Büros. Papiere ausfüllen, warten. Mittagessen auf dem Gelände. Mit einem Dreiradtaxi zum Abstellplatz unserer Kisten. Diese identifizieren, Papiere unterschreiben, warten, mit Dreiradtaxi zurück zu den Büros, warten. Abends mit Bus zurück zur Fähre, mit dieser übersetzen – gleiche Prozedur am nächsten Tag.

Am dritten Tag dann nur noch warten auf die entsprechende Person, die die Herausgabe der Kisten verifiziert. Diese muss von den Büros mit dem Dreiradtaxi zu dem Standort der Kisten gebracht und wieder an das Bürogebäude zurückgebracht werden.

Wir stehen am Nachmittag vor unseren Kisten und fangen schon mal an, diese leicht zu öffnen, um an unsere Schlüssel zu kommen. Keine da, weder am Zündschloss noch irgendwo in den Koffern oder Taschen. Hals schwillt wieder an. Anruf bei Shafi, dieser gibt zu verstehen, dass die Schlüssel bei den Mopeds sind – in einem der Alukoffer. In welchem konnte er uns nicht sagen. Zwei stehen zur Auswahl, nämlich die von Dylan – meine Alukoffer sind verschlossen. Keine Schlüssel, Anruf bei Shafi – wieder die Aussage, dass die Schlüssel in einem der Alukoffer zu finden sind. Hals schwillt und die Stimme am Telefon wird etwas lauter. Dylan versucht sein Glück am Telefon mit Shafi, dieser legt schließlich einfach auf und drückt im Folgenden unsere Anrufe einfach weg. Nach einer kurzen Zeit versuche ich es nochmals bei Shafi und nach einem etwas lauterem Gespräch legt dieser auf mit dem Hinweis – ruft nicht mehr an. Das war es mit Shafi, keine Chance mehr, ihn an das Telefon zu bekommen. Hals hat seine maximale Schwellung erreicht.

Wir stehen also vor unseren Kisten mit den Mopeds ohne Schüssel. Bei mir weniger ein Problem als bei Dylan. Mein Ersatzschlüssel ist nur im Hostel, während Dylan keinen mehr besitzt und somit erstmal ohne Schlüssel für sein Moped dasteht.

Ali erklärt sich bereit die Kisten in sein Lager in der Nähe zu schaffen, um so wenigstens die Lagergebühren zu sparen. Dylan und ich machen uns auf den Rückweg zum Hostel und beratschlagen, wie man sein Moped ohne Schlüssel starten kann. Wir rufen Herbert in Deutschland an, meine beratende Kraft was Mopeds anbelangt. Dieser gibt uns genaue Anweisungen, wie das Moped - ohne groß was abzubauen oder Beschädigungen hervorzurufen - schlussendlich mit einem Schraubendreher gestartet werden kann. Genehmigen uns erstmal ein kühles Getränk und machen uns schlau, wie wir am nächsten Morgen mit dem Zug zum Lagerhaus von Ali gelangen können.

Früh am nächsten Morgen machen wir uns auf zum nächsten Bahnhof und stehen fast zwei Stunden später vor unseren Kisten mit den Mopeds. Ausgepackt sind diese mit der Hilfe der anwesenden Leute schnell. Über den Mopeds und der gesamten Ausrüstung hat sich ein feiner Film aus schwarzem Staub gelegt. Mir kommen Zweifel, ob denn unsere Kisten wirklich in einem Container waren. Sieht für mich so aus, als ob die Kisten offen irgendwo auf Deck in der Nähe eines Schornsteines standen.

Mein Moped springt nach dem zweiten Startversuch an, während Dylan noch mit dem Abmontieren von ein paar Teilen beschäftigt ist – schlussendlich startet aber auch er sein Moped mittels einem Schraubendreher. Wir machen uns auf den Weg zurück zum Hostel, dass diese Fahrt etwas länger in Anspruch nehmen wird, wissen wir zu dem Zeitpunkt noch nicht.